Rezension

The Wooden Sky

If I Don't Come Home You'll Know I'm Gone


Highlights: (Bit Part) // Angels // My Old Ghosts // Something Hiding For Us In The Night // River Song
Genre: Folk // Singer Songwriter // Alt-Country // Rock
Sounds Like: The Decemberists // Okkervil River // Elliott Brood // Ryan Adams // A.A. Bondy // Langhorne Slim // Aunt Martha // Olentangy John

VÖ: 13.08.2010

Sonnenblumen, so weit das Auge reicht. Scharfe Banjoklänge zerschneiden die Luft, eine seufzende Stimme schickt singend ein Stoßgebet in den Himmel. Die Kamera bewegt sich, begibt sich auf die Suche nach dem Ursprung der Klänge und landet inmitten in einer Gruppe von Musikern, die ihr Klagelied mit Glockenspiel, Geige und Trommel gemeinsam zu Ende führen. Es ist eine der eindrücklichsten Szenen der „Bedrooms And Backstreets“-Konzertreihe von „The Wooden Sky“ – einer dieser Bands, die alles richtig macht und die dennoch kaum einer kennt.

Dabei halten sich die Kanadier musikalisch nur selten in Schlafzimmern und Hinterhöfen auf. Bereits der Vorgänger „When Lost At Sea“ war voll von diesen fast schon unverschämt eingängigen Songs. Was die Band aus der Fülle von Musikern des Folk- und Alt-Country-Bereichs hervorzuheben scheint, ist zunächst einmal Frontmann Gavin Gardiner. Seine Stimme lässt sich wohl am ehesten als eine Mischung aus Will Sheff und Colin Meloy, den Sängern von Okkervil River und den Decemberists, beschreiben. Doch ein guter Sänger allein macht noch lange keine gute Band, das wissen auch The Wooden Sky. Schon nach den ersten Songs ihres zweiten Albums „If I Don’t Come Home, You’ll Know I’m Gone“ wird offenbar, dass sich in den letzten Jahren wieder eine Menge ausgezeichnetes Songmaterial angesammelt hat. Das gemächliche „Oh My God“ wagt den sanften Einstieg und ist selbst so begeistert von seinem Refrain, dass es gar nicht mehr davon ablassen will. Einem solch geruhsamen Opener einen infektiösen Hit wie „(Bit Part)“ hinterherzuschicken und das Ganze auch noch in Klammern zu setzen, zeugt von der Gerissenheit dieser Band. „Angels“ spinnt den Faden weiter zu einem dramatischen Hilfeschrei mit Orgeluntermalung, unbeirrbar schlagenden Drums und einem zwielichtigen Tango-Interlude. „Oh Lord Lord Lord, I'm too young to die / And if I'd know these days were numbered / Then I might not have tried” schreit Gardiner voller Verzweiflung.

„If I Don’t Come Home, You’ll Know I’m Gone“ dreht sich um die großen Themen der menschlichen Existenz und bleibt dabei in jeder einzelnen Episode sehr intim. The Wooden Sky spielen mit der amerikanischen Folk-Tradition und präsentieren ihre ganz eigene, fest in der Vergangenheit verankerte und zugleich erfrischend zeitgemäße Spielart dieses Musikstils. Das funktioniert laut genauso gut wie leise, schnell genauso gut wie langsam – die Kanadier verstehen es, Abwechslung zu schaffen, ohne dabei künstlich zu wirken. Die Songs bewegen sich in einem breiten musikalischen Spektrum und bleiben doch immer erdig und aufrichtig. The Wooden Sky machen Musik, bei der man mit der Beschreibung durch Worte schnell an seine Grenzen kommt, da sich letztlich alles um die Musikalität der Band dreht, die man in jedem Moment dieses Albums spürt, aber nur schwer an etwas festmachen kann. Es ist das Zusammenspiel, das Schaffen von Atmosphäre, das die Band auszeichnet. Es ist das weite Feld voller Sonnenblumen, aus dem sich The Wooden Sky durch ihre Musik hervortun und der ganzen Szenerie ihre ganz eigene Färbung verleihen.

Kilian Braungart

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