Rezension

The Dead Trees

Whatwave


Highlights: Slow Faze Fast // Rayna // Comfortable Kids // Punch For Punch
Genre: Rock'n'Roll // Indie-Pop // Blues // Folk
Sounds Like: The Strokes // Cold War Kids // Vetiver // The Shins

VÖ: 15.07.2011

Egal, in welchem Zusammenhang man von The Dead Trees liest, um Vergleiche mit den Strokes scheint bei dieser Band keiner herumzukommen. Dass Michael Ian Cummings' Gesang dem des Strokes-Frontmanns Julian Casablancas in seiner lässigen Art nicht unähnlich ist, lässt sich wohl kaum bestreiten. Dass gemeinsame Tourneen mit Strokes-Gitarrist Albert Hammond Jr. und Little Joy, einem Nebenprojekt von Strokes-Drummer Fabrizio Moretti, Einfluss auf den musikalischen Werdegang der momentan in Los Angeles residierenden Band hatten, mag durchaus möglich erscheinen. Eines gilt es jedoch gleich zu Beginn klarzustellen: The Dead Trees sind keineswegs ein weiterer belangloser Strokes-Abklatsch.

Die vor vier Jahren in Boston gegründete Band, die es über einen zweijährigen Zwischenstop in Portland nach Los Angeles verschlagen hat, unterscheidet vor allem eines von oben genannter Band, deren Name hier nun oft genug genannt wurde: hier wird nicht nur Rock'n'Roll und 60s-Pop verarbeitet, sondern sich außerdem munter bei Americana, Blues und Folk bedient. Zudem wirkt das Auftreten der Dead Trees nie arrogant oder selbstverliebt, sondern in erster Linie ausgelassen und spielfreudig. Wenn die Band auf ihrem zweiten Album „Whatwave“ dem Opener „Slow Faze“ direkt noch eine schnellere Version des Songs namens „Slow Faze Fast“ hinterherschickt und man den Spaß spürt, den The Dead Trees dabei haben, kann man sich ein Grinsen kaum verkneifen. The Dead Trees wissen, wie sie den Hörer für sich gewinnen können: mit großer Treffsicherheit jagt hier ein Popsong den nächsten, ohne auch nur einmal die Drei-Minuten-Grenze zu überschreiten.

„Whatwave“ schafft es in dem Moment wirklich interessant zu werden, in dem der dreckige Blues-Stampfer „Rayna“ in der Albummitte seinen großen Auftritt bekommt und einen mit seinem unvermittelten Richtungswechsel gehörig an der Nase herumführt. Je amerikanischer The Dead Trees klingen, umso besser werden sie, weil ihre Musik dann an Authentizität gewinnt und an Beliebigkeit verliert, weil die Songs dann Bilder malen und Stimmungen erzeugen, die im Gedächtnis bleiben und nicht nur schnell an einem vorbeiziehen. Mit dem einfühlsamen Folksong „Comfortable Kids“, dem ähnlich ruhig dahinschwebenden „Punch For Punch“ und dem psychedelisch angehauchten an Vetiver erinnernden „Older“ liefern The Dead Trees weitere Songperlen ab, die den positiven Gesamteindruck ihres Zweitwerks unterstreichen, auch wenn nicht alle Songs der zweiten Albumhälfte ein ähnlich hohes Niveau halten können.

Dass man beim Hören von „Whatwave“ nicht unbedingt in Begeisterungsstürme ausbricht, liegt daran, dass man das Gefühl hat, dass The Dead Trees noch nicht dort angekommen sind, wo sie hin wollen oder es vielleicht selbst noch nicht genau wissen. The Dead Trees müssen aufpassen, dass die Rastlosigkeit, die sich auch in ihrer Biographie zeigt, nicht in Orientierungslosigkeit umschlägt. Wenn sich die musikalische Entwicklung, die sich auf „Whatwave“ deutlich abzeichnet, jedoch in ähnlicher Weise in Zukunft fortsetzt, darf man auf weitere Veröffentlichungen der Dead Trees durchaus gespannt sein. Hier könnte noch etwas ganz Großes entstehen.

Kilian Braungart

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