Rezension

The Acorn

No Ghost


Highlights: Cobbled From Dust // Restoration // On The Line // No Ghost // Slippery When Wet
Genre: Indie // Folk // Rock
Sounds Like: Grand Hallway // Ohbijou // Seabear // Arcade Fire

VÖ: 04.06.2010

The Acorn wählen nie den einfachsten Weg. Auf ihrem letzten Album „Glory Hope Mountain“ scheuten die Kanadier keine Mühen, ein möglichst einfühlsames Bild der aufregenden Lebensgeschichte der aus Honduras stammenden Mutter von Sänger Rolf Klausener zu schaffen. Sie befassten sich intensiv mit honduranischer Musik, woben sie in ihren eigenen Stil mit ein und bemühten sich, Bilder und Situationen so präzise wie möglich wiederzugeben. Der nächste Schritt wäre für The Acorn denkbar einfach gewesen. Wieso nicht einfach auf der gerade so beliebten Indiefolk-Welle mitschwimmen und sich einfach ins gemachte Bett legen? Ein konventionelles Folk-Album hätte diese Band sicherlich mit Leichtigkeit aus dem Ärmel schütteln können. Stattdessen gehen The Acorn aber einen Schritt weiter und entwickeln auf „No Ghost“ einen ganz eigenen Sound.

Die rhythmischen Finessen, die bereits den Vorgänger auszeichneten, prägen auch ihr neues Werk. „Restoration“ beginnt mit einem der vertracktesten und eingängigsten Gitarrenriffs des Albums und der Titelsong zieht seine Energie vor allem aus der vielfältigen Percussion. War der Vorgänger eher ein meditativer Fluss ineinander übergehender Songs, sind hier die einzelnen Stücke unterschiedlicher und kompakter gehalten. Die Harmonien und Gesangsmelodien wirken ebenfalls noch präziser und besser abgestimmt als auf „Glory Hope Mountain“, ohne dass dem Ganzen die Leidenschaft abhanden kommt. Klausener, der meist durch backing vocals unterstützt wird, singt so souverän und ausdrucksstark, wie man es von ihm gewohnt ist. Auch gegen E-Gitarren und Synthesizer, die auf „No Ghost“ vermehrt vertreten sind, weiß er sich problemlos durchzusetzen. Obwohl mit „I Made The Law“ und „Crossed Wires“ zwei überraschend rauhe Rocksongs vertreten sind, wirkt die Musik von „The Acorn“ nie aggressiv. Es ist eine lebensbejahende Kraft, die dem begeisterten Zusammenspiel der Band entstammt und das gesamte Album überstrahlt. Als ob der diesen Songs innewohnende Facettenreichtum noch nicht ausreichen würde, komplettieren The Acorn das Gesamtpaket „No Ghost“ durch die beiden bezaubernden Balladen „On The Line“ und „Slippery When Wet“, die in ihrer schlichten Eleganz nochmals unter Beweis stellen, was für begabte Songwriter die Kanadier sind.

Das dritte Album von The Acorn mag sich nicht gerade einfach erschließen lassen, ist jedoch alles andere als verkopft. Wenn der Funke erst einmal übergesprungen ist, will man kaum mehr etwas anderes hören. All die Mühen und Überlegungen war es wert – The Acorn bewahren mit „No Ghost“ ihre Identität und haben sich zugleich auf eine bemerkenswerte Weise weiterentwickelt. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht mit dieser Band, viel Luft nach oben gibt es nämlich nicht mehr.

Kilian Braungart

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