Rezension

Tame Impala

Currents


Highlights: Let It Happen // The Moment // The Less I Know The Better
Genre: Psychedelic Rock // Pop
Sounds Like: Toro Y Moi // Unknown Mortal Orchestra // Michael Jackson // Tears For Fears

VÖ: 17.07.2015

„Let It Happen“ eröffnet „Currents“. Ein Manifest von epischer Länge, das den Sound der Retro-Psychedelic-Rocker Tame Impala um gefühlt ein Jahrzehnt nach vorne in die 80er katapultiert und dabei alle Stärken mitnimmt, ehe gegen Ende Daft Punk grüßen. Was ist geschehen?

Zunächst offenbaren der Einstieg wie auch der weitere Verlauf der Platte eine Richtigstellung: Wer die Australier bislang als Band begriff, liegt falsch. Für die Idee bis zur Ausführung und neuerdings auch die Produktion ist Sänger und Gitarrist Kevin Parker alleine verantwortlich. Das Kräfteverhältnis, das das Gefüge Tame Impala zusammenhält, ist somit eigentlich gar kein Verhältnis, sondern alles ist gänzlich der Vorstellung des Australiers unterworfen, der für „Currents“ Gitarren verschwinden und Synthesizer auferstehen lässt. Dieses neue Gewand steht der Verspieltheit, die die Vorgängeralben „Innerspeaker“ und „Lonerism“ ausmachte, sehr gut und erstrahlt besonders in dem angesprochenen Opener „Let It Happen“ in erhabenem, achtminütigen Glanz. Verfeinert wird der Song durch eine Produktion, in der Parkers Finger selbst vor dem Effektregler an den wie gewohnt wirbelnden Drums nicht zurückschrecken und eben auch eine Vocoder-verfremdete Stimme gegen Ende nicht mehr abwegig erscheint.

Nach „Feels Like We Only Go Backwards“, ihrem Überhit 2012, folgt Veränderung („they say people never change // but that’s bullshit“ aus „Yes, I’m Changing“). Textlich wurde diese Platte bereits als Trennungsverarbeitung interpretiert, doch glitzert auch die Musik auf „Currents“ in einem neuen Licht. Sie glitzert unter anderem deshalb, da der sehr präsente Bass und die ins Zentrum gerückte Stimme Parkers nicht selten Disco-Atmosphäre erzeugen (unter anderem „The Less I Know The Better“ und „’Cause I’m A Man“). „Yes, I’m Changing“ greift noch tiefer in die 80er-Kitsch-Kiste und „Eventually“ belädt sich mit viel Bombast. Mit „The Moment“ und „Reality In Motion“ sind aber auch klassische Tame-Impala-Ohrwürmer mit von der Partie.

Wo die honigsüße Produktion des Albums einladend die Gehörgänge seiner Hörer beträufelt, ist oft die Grenze zur Fahrstuhl- (oder „Nebenbei“-)Musik nicht weit. „Currents“ ist äußerst homogen geraten und besitzt dadurch zweifelsohne Längen. Fans dürften die eingängig-wilden Gitarrenriffs der Vergangenheit vermissen. Dennoch liefert Kevin Parker eine produktionstechnische Meisterleistung ab und besitzt den Mut, das eigene Denkmal in leuchtende Farben zu tauchen. Die Disco-Kugel dreht sich weiter, nun jedoch auch häufiger zu Klängen von Tame Impala.

Jonatan Biskamp

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