Rezension

Smith & Burrows

Funny Looking Angels


Highlights: Wonderful Life
Genre: Weihnachtsalbum
Sounds Like: Editors // Reazorlight // Phoenix // Maximilian Hecker // The Killers

VÖ: 25.11.2011

So ziemlich jedes Weihnachtsalbum hat eine Zahl, die umso höher ist, je besser das Album ist. Bei „Funny Looking Angels“ ist diese Zahl die zwölf und gibt die Minute an, in der ein Song des Albums zum ersten Mal nervt. Klar, Weihnachten ist eine besondere Zeit, aber eben meistens auch die, in der man die dicken Ohrenschützer nicht nur gegen Kälte, sondern auch gegen die Akustik der Umwelt gebrauchen kann. Daher gilt es, besonderes Augenmerk auf die wenigen, guten Stücke zu haben, die im Kontext des teuersten Festes des Jahres noch hörbar sind. Neben vielen anderen versuchen dieses Jahr Tom Smith, seines Zeichens Sänger der Editors, und Andy Burrows, früher mal Drummer bei Razorlight, den Weg in die CD-Player des 24.12. zu schaffen. Vor allem die extrem wundervolle Stimme von Smith ist schon Grund genug, „Funny Looking Angels“ eine Chance zu geben.

Zunächst empfängt uns ein pathetisch langsam gespielter Klaviertakt, ehe Smith fast gospelhaft „In The Bleak Midwinter“ intoniert. Mit tiefster Demut und Ruhe trägt er das kurze Stück seinem Höhepunkt entgegen. Weiter geht es mit „As The Thames Froze“. Gleiches Mittel: dick aufgetragene Klavierparts, Smith, der getragen die nicht so schönen Seiten des Winters (zum Beispiel Kälte) gegen das Zusammensein mit Freunden aufrechnet. „As The Snowflakes Fall“ rumpelt los, als sei es von Tom Waits, und zu aller Überraschung ist es nun Burrows, der singt – und klingt ein wenig nach Phoenix-Sänger Thomas Mars. Aber ansonsten: Alles im Rahmen, kein allzu triefender Pathos, der uns fremdschämen lässt. Dann jedoch: Minute zwölf. Der Titeltrack. Hörner. Mitklatschrhythmus. Schmalziger Refrain. Hilfe.

Nur einen kurzen Skip weiter jedoch: „Wonderful Life“. Wer kennt ihn nicht, den Klassiker. Was die beiden dort aus dem Stück zusammencovern, kann sich sehen lassen. Reduziert und schön von Smith in Szene gesetzt. Es folgt das ebenfalls weltbekannte „Only You“ (genau, das mit „All I needed was the love you gave... all I ever knew, only you”). Burrows haucht heiser, als sei er Maximilian Hecker. „On And On“ spielt Schema F weiter: Klavier plus ausladende Gesten ergibt pathetisches Stimmungsbild. Hat schon fast was von Take That. „Rosslyn“ gibt den Quotenwalzer. Braucht man das? Braucht man Walzer jemals? Eben. Kurz vor Abschluss gibt es „This Ain't New Jersey“, das auch bei den Killers auf ein Album gepasst hätte. Abgeschlossen wird dann mit „The Christmas Song“, einer ganz, ganz schlimmen amerikanisierten Ballade im Stile der 50er Jahre, inklusive dem üblichen aufgesetzten Frauengesang.

Wer zu Weihnachten mit der Familie zusammen sitzt und es Leid ist, immer die gleichen CDs von Wham, Kinderchören, André Rieu oder André Rieu mit Kinderchören zu hören, dem kann „Funny Looking Angels“ sicher etwas Abhilfe schaffen. Wer jedoch hofft, Tom Smith in editorsähnlicher Hochform zu erleben – nun, da reicht es, „Wonderful Life“ zu hören. Der Rest fällt dann eher in die Kategorie „obskure Nebenprojekte von eigentlich ernstzunehmenden Musikern“. Aber in dieser Kategorie sind derzeit selbst Mike Patton und John Zorn mit Weihnachtsliedern aktiv.

Klaus Porst

Hören


Interview zum Album

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!