Rezension

Sholi

Sholi


Highlights: All That We Can See // November Through June
Genre: Indie // Math-Rock // Postrock
Sounds Like: Portugal. The Man // Minus The Bear // Cursive // Radiohead

VÖ: 20.03.2009

Ein Berg bunter Blumen wird auf dem farbenfrohen Cover zu Sholis Debüt aus einem Mülleimer geschüttet. Das Foto strahlt eine solche Impulsivität und einen Mut zum Chaos aus, dass man erstaunt ist, um was für ein kompliziertes und durchdachtes Album es sich hier handelt.

Dabei erweckt Sholis Debüt zunächst einen recht ungeordneten Eindruck. Die Band stolpert mit dem außergewöhnlichen Opener „All That We Can See“ förmlich in ihr Album hinein. Impressionistisches, wirr anmutendes Schlagzeugspiel kombiniert mit entrückten Gitarrenklängen eröffnet den Song, und man fragt sich, wo das noch hinführen soll. Als dann aber Payam Bavafas klarer Gesang einsetzt, findet der Song so langsam seine Spur, hält kurz inne, um dann doch wieder loszuzappeln. Der außergewöhnliche Schlagzeugeinsatz ist auf diesem Album das auffälligste Ausdrucksmittel. Wer dachte, die Drums der Dodos seien progressiv, wird von Drummer Jonathon Bafus eines Besseren belehrt. Bei Sholi ist das Schlagzeug weit mehr als ein Rhythmusinstrument und zu einem Großteil für die ganz eigene Atmosphäre verantwortlich, die dieses Album ausstrahlt. Songs im 4/4-Takt bekommt man hier nicht allzu oft zu hören, und wenn doch, sind sie durch Jonathon Bafus’ versiertes Spiel oft derart verfremdet, dass es schwer fällt, ihnen zu folgen. Dies macht das Album zwar zu einem recht anstrengenden Hörerlebnis, aber Langeweile kommt so schnell keine auf.

Inhaltlich drehen sich die Songs auf Sholis Debütalbum um das Thema Gedächtnis. Dies rührt daher, dass Sänger und Gitarrrist Payam Bafava einen Großteil der Songs verfasste, als er noch in einem neurowissenschaftlichen Labor in San Francisco arbeitete, das sich insbesondere mit Gedächtnisprozessen auseinandersetzte. An Bafavas verworrenen und mystischen Texten lässt sich das aber nur selten konkret festmachen. Die Gedächtnis-Thematik versuchten Sholi auch musikalisch umzusetzen. Klassische Songstrukturen findet man hier kaum, dafür aber sich in verschiedenen Kontexten wiederholende Melodiefragmente und auf ruhige Passagen folgende Ausbrüche, wie man sie aus dem Postrock kennt. Einer der eingängigsten Songs auf diesem schwer zugänglichen Album ist „November Through June“, dass ziemlich rasch seine hypnotisierende Melodie offenbart. Monumentalere Werke wie „Spy In The House Of Memories“ und das vom Bass dominierte „Out Of Orbit“ machen es da einem weit weniger leicht. Das druckvolle „Torniquet“ verstört insbesondere durch seine seltsamen Verse: The wound is right above each cheek beneath the brow / they’re made to look and look the same”.

An sich kann man an diesem Album nur wenig aussetzen, aber dennoch lässt es einen weitgehend kalt. Was Sholi auf ihrem Debüt zeigen ist technisch beeindruckend und nahezu perfekt durchkomponiert, bleibt aber doch recht distanziert. Zu verkopft geht die Band zu Werke, als dass man zu den Songs eine persönliche Beziehung aufbauen könnte. Sholi ist mit ihrem Debüt ein außergewöhnliches Album gelungen, das man bewundern, aber nicht lieben kann.

Kilian Braungart

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