Rezension

Shackleton

Fabric 55


Highlights: Operatic Waves // International Fires // Man On A String (Part 1) // Bottles // Masscre
Genre: Dubstep
Sounds Like: Scuba // Applebim // Surgeon // Flying Lotus // Portishead // John Carpenter

VÖ: 03.12.2010

Eins ist sicher, Shackletons Beitrag zur Mix-Reihe des Fabric verlangt dem Hörer gehörige Aufmerksamkeit ab. Sich zurücklehnen und genießen ist kaum möglich, vielmehr ist es nötig, sich vollkommen den entworfenen Klangskulpturen zu widmen. Der Aufwand, den es braucht, die Schichten der Tracks, die Shackleton hier versammelt, zu durchdringen, ist jedoch außerordentlich lohnend. Wie vor ihm schon einige andere, nutzt er die Plattform der Mix-Platte, um eigenes Material – sowohl unveröffentlicht wie auch bereits in anderem Rahmen erschienene Stücke – in Quasi-Albumform vorzulegen. Durchaus von der Tanzfläche inspiriert und doch ebenso für den detaillierten Genuss unter Kopfhörern geeignet, reiht Sam Shackleton Tracks und zufällige Bruchstücke aneinander und nimmt so in einer düsteren, dystopischen Vision gefangen. Subbässe, Bleeps und Clicks, hallendes Schlagwerk, Vocalsamples und tribalistische Trommeln schaffen eine akustische Bedrohung, die zu durchdringen, zu erkunden, das gleiche Vergnügen bereitet, die gleiche Zufriedenheit schafft, wie das Lesen großartiger Literatur, ein stimmungsvolles Computerspiel oder ein atemraubender Film.

„Fabric 55“ wurzelt ganz tief in einer Industrial- und John-Carpenter-Inspirationen kennenden und vereinnahmenden britischen Bass-musik. Der Mix lässt sich so in der Tat wohl am ehesten als Dubstep klassifizieren, obwohl er eigentlich vielmehr ein Soundtrack ohne Film ist. Ein dunkler Psychothriller in einem industriell verseuchten Zukunftssetting entspräche womöglich den klanglichen Darstellungen. Insofern lässt sich der Mix auch kaum in kleinen Teilen hören, die Spannungsbögen ziehen sich bewusst über weit mehr als ein oder zwei Tracks. Die kontinuierliche Entwicklung des Mixes führt auch dazu, dass es nicht den einen oder die paar klar identifizierbaren Momente der Spannungsentladung, des ekstatischen Hormonschubs gibt; eher ist es der Gesamteindruck, der ausgelaugt und gleichzeitig beglückt zurücklässt. Nichtsdestotrotz gibt es natürlich – besonders im konzentrierten Hören – Augenblicke des erstaunten, begeisterten Aufhorchens, des Augenreibens und der Verzückung. Dieser Mix ist eine anstrengende, eine erschöpfende Reise, und vor allem ist er tatsächlich ein reguläres Album, das zu den Höhepunkten des Jahres gehört.

Oliver Bothe

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