Rezension

Sea Wolf

White Water, White Bloom


Highlights: Orion & Dog // Turn The Water Over // Spirit Horse // Winter's Heir
Genre: Indie-Folk // Folkpop // Singer-Songwriter
Sounds Like: Arcade Fire // Jens Lekman // The Late Call // Ohbijou // The Miserable Rich

VÖ: 12.11.2010

„Leaves In The River“, das Debütalbum von Sea Wolf aus Los Angeles, war eines dieser kleinen Folkpop-Alben, die nichts falsch machen, aber zu bemüht sind, alles richtig zu machen und möglichst gefällig zu sein. Nichts gab es auszusetzen an diesem feinsinnig instrumentierten Album, dessen Songs einen mit ihrer naturverbundenen Lyrik unterhielten und von Alex Brown Church, dem Mann, der sich hinter Sea Wolf verbirgt und der für das Songwriting verantwortlich ist, aufrichtig vorgetragen wurden. Was darf man sich vom Zweitwerk eines Künstlers erwarten, der sich schon auf seinem Debütalbum so vorsichtig durch sein musikalisches Terrain tastet? Allgemeinhin gilt das zweite Album als das Album, bei dem es zu beweisen gilt, dass man zu mehr imstande ist, als nur einen Aufguss von Altbewährtem abzuliefern. Und so ist der nun auch bei uns erschienene Nachfolger „White Water, White Bloom“ ein Album geworden, das eigentlich nur enttäuschen kann, wenn man sich von Alex Brown Church den großen Ausbruch erwartet.

Dabei ist „White Water, White Bloom” keineswegs ein schlechtes Album – ganz im Gegenteil. Vor allem in den leisen Momenten können Sea Wolf überzeugen. „Orion & Dog“ berührt durch seinen einfachen und ehrlichen Text und den wunderschönen Streichersatz, der dem Song mehr Tiefe und Dramatik verleiht, ohne zum Kitsch zu neigen. Auch in „Turn The Water Over“ erreichen die Streicher zusammen mit Flöte und Klavier ihr Ziel und kleiden den eingängigen Refrain in ein weiches Gewand. Allerdings versuchen Sea Wolf auf diesem Album auch, ihr Spektrum zu erweitern. So wird in „O Maria!“ und im wuchtigen Titelsong auch mal beherzt zur E-Gitarre gegriffen. Allerdings wirkt dies manchmal etwas erzwungen – fast so, als ob Sea Wolf dem Hörer bewusst zeigen wollten, dass sie nicht nur zu lieblichem Folkpop imstande seien. Wenn dem ganzen dann auch noch wie im Opener „Wicked Blood“, der mit seinen schweren Klavierakkorden, der wilden Streicherbegleitung und dem rumpelnden Schlagzeug an Arcade Fire erinnert, die eigene musikalische Handschrift zu sehr abhanden kommt, macht sich dann doch ein wenig Ernüchterung breit.

Wenn man dann aber Songs wie „Spirit Horse“ und „Winter's Heir“ hört, die genau das richtige Maß an Dramatik besitzen, um nicht aufgesetzt zu wirken, ändert sich der Eindruck, den „White Water, White Bloom“ bei einem hinterlässt, wieder erheblich. Dieses Album ist eine zwiespältige Angelegenheit. Bei der falschen Erwartungshaltung wird es einen enttäuschen, andererseits vereint es aber so viele schöne Songs in sich, dass man es immer wieder gerne hört. Wieder einmal lassen sich Sea Wolf nur zu Schulden kommen, dass sie zu sehr darum bemüht sind, alles richtig zu machen und bei den verhaltenen Versuchen, aus sich herauszugehen, sich zu sehr bei ihren Genrekollegen orientieren, anstatt mehr aus ihrem eigenen Sound zu machen. Nächstes Mal wäre etwas mehr Vertrauen in das eigene Können wünschenswert, denn hier ist noch weitaus mehr möglich.

Kilian Braungart

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