Rezension

Sarah Neufeld

The Ridge


Highlights: The Ridge
Genre: Experimental // Klassik // Solo // Postrock
Sounds Like: Owen Pallet // Colin Stetson // Esmerine // Egopusher

VÖ: 26.02.2016

Als Violinistin steuerte Sarah Neufeld bislang vor allem Bekanntes zu Arcade-Fire-Alben bei. Zusammen mit Colin Stetson erschien zudem letztes Jahr eine hochgelobte Kollaboration und bereits vor drei Jahren erschien ein Soloalbum. „The Ridge“ ist nun ein weiteres, welches allerdings überrascht und zwar im negativen Sinne. Zunächst beginnt der achtminütige Titeltrack mit monotonen Violinenloops. Immer und immer wieder setzt Neufeld an den gleichen Stellen ihres Instrumentes an und wiederholt markante Sequenzen. „The Ridge“ ist ein Soloalbum, im Fokus stehen also nur Neufelds Violine und ihre Stimme, was nicht viel ist – und gut sein muss, um zu überzeugen. Oftmals gelingt ihr dies allerdings nicht, da ihre Melodien nicht geeignet sind, um im Vordergrund zu stehen. Gut wird es immer dann, wenn Neufeld nicht allein ist. Etwa, wenn Bass und Schlagzeug sie ergänzen – oder auch schon einmal komplett das Kommando übernehmen.

Neufelds Melodien sind einfach und die stetige Wiederholung machen diese nicht spannender. Dazu kommt, dass ihre Stimme das Violinenspiel, welches sich auf Höhenspitzen konzentriert, noch unterstützt. Sie singt ebenso hoch, so dass es einem Wettbewerb gleicht, wer es schafft, den höchsten Ton zu erklimmen, was anstrengend ist, wenn wie in „They All Came Down“ fast nur noch ein Fiepen im Trommelfell das Resultat ist. Sehr merkwürdig ist auch das längere „The Glow“. Zunächst passiert überhaupt erstmal nichts, beziehungsweise das, was passiert, spottet jeder Beschreibung. Neufeld, so scheint es, scheint erst einmal bei laufendem Band ihr Instrument zu stimmen, um dann eine Ewigkeit gelangweilt die Tonleiter hoch und runter zu spielen. Derartige Aufwärmübungen als Stück zu verkaufen, ist selten und gewagt. Wer durch Zufall nicht weiterskippt, erlebt jedoch eine kleine Überraschung. Nach über fünf Minuten monotonen Gedudels fährt ihr plötzlich ein tief gestimmter Bass in die Parade. Nach fröhlichem Gezupfe dröhnt es nun in voller Lautstärke aus den Boxen. Als wäre ein zartes Reh von einem Schwerlaster überfahren worden, der genauso schnell wieder verschwindet, wie er aufgetaucht ist.

Für „Chase The Bright And Burning“ ist das Wort „fidelt“ erfunden worden. Besser ist nicht zu beschreiben, was passiert. Im Grunde ist es eine kürzere Kopie von „The Ridge“: Ein kreisendes Mantra im Loop, dazu gehauchte Wortfetzen. Blendet man die ersten vier Minuten „A Long Awaited Scar“ aus, ist es das beste Stück des Albums. Zunächst einmal zeigt Neufeld erneut ihre Schwäche: Es mangelt ihren Solianstrengungen an Begleitung, die ihren Stücken Spannung verleihen. Als dann endlich mal ein Schlagzeug einsetzt, geht es in hohem Tempo nach vorn, der Violine allein fehlte vorher die Fülle, um den Song mit sich zu reißen. Zum Abschluss bringt Neufeld mit „Where The Light Comes In“ noch einmal eine versöhnliche, in ein dunkel-verhangenes Postrockgewand gegossene Ballade und zeigt, dass sie besser ist, wenn sie das Tempo aus ihrem Instrument herausnimmt.

Klaus Porst

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