Rezension

Owen

Ghost Town


Highlights: Too Many Moons // I Believe // The Armoire // An Animal
Genre: Singer/Songwriter
Sounds Like: Rocky Votolato // Kevin Devine // Jonah Matranga // Dallas Green

VÖ: 11.11.2011

Mike Kinsella ist in Chicago eine Indie-Legende. Seit den frühen 90ern war er zuerst jahrelang als Musiker bei diversen einheimischen Bands (u.a. Joan Of Arc, American Football) umtriebig, um dann unter dem googlefreundlichen Pseudonym Owen eine richtige und vor allen Dingen erfolgreiche Solokarriere zu starten. Mit dem mittlerweile sechsten Album soll jetzt aber damit Schluss sein, gerüchtet es zumindest. Falls sich das tatsächlich bewahrheiten sollte, wäre das nicht nur schade, sondern fast schon ärgerlich, denn mit seinem neuesten Werk legt Owen einen Quantensprung hin.

Kinsella war zwar immer schon ein ausgesprochen guter Texter mit viel Gespür für die richtigen Worte, so persönlich und intim wie auf „Ghost Town“ ging es aber indes noch nie zu. Aus dem jugendlichen Local Hero ist über die Jahre ein verheirateter Mann mit kleinem Kind geworden. Verantwortung ist jetzt das Stichwort und sich ihr zu stellen ist nur eines von vielen ernsten Themen, die Owen in den neun neuen Songs anreißt. Die Auseinandersetzung mit Religion, Gedanken um die richtige Erziehung, das Aufspüren und der Umgang mit den eigenen „Geistern“… Keine leichte Kost und doch meisterhaft umgesetzt in Zeilen, die ehrlicher kaum sein könnten.

Aber nicht nur textlich, auch musikalisch betritt Owen das nächste Level. Fiel auf den früheren Alben die Instrumentierung neben der omnipräsenten Akustik-Gitarre eher spärlich aus, gibt es dieses mal aufwändige Arrangements zu hören. Besonders die Rhythmussektion und die Streicher spielen auf „Ghost Town“ eine große Rolle und verleihen den Songs zusätzliche Facetten, ohne dabei die Stücke zu überfrachten oder ihnen den Singer/Songwriter-Charme zu nehmen. Mit dafür verantwortlich war sicher auch das Produktionsgespann Brian Deck (u.a. Iron & Wine) und Neil Strauch (Bonnie "Prince" Billy), die sich bestens in solchen Dingen auskennen. Das Album ist zwar weit davon entfernt, richtig rockig zu sein, aber näher war Kinsella bei seinem Solo-Ausflug nie an seinen Indie-Rock/Emo-Wurzeln dran.

So gesehen schließt sich hier der musikalische Kreis des Mike Kinsella wieder ein Stück weit, was natürlich nur umso mehr Öl in das Spekulationsfeuer gießt. Aber sind wir doch mal ehrlich: wie oft haben wir uns schon über Bands beklagt, die nicht den Absprung zur richtigen Zeit geschafft haben? In der Hinsicht könnte sich Owen keinen besseren Zeitpunkt aussuchen, um die Klampfe ins Eck zu stellen und der Tochter das Fahrradfahren beizubringen. Andererseits hat Learning-by-doing auch noch niemandem geschadet...

Benjamin Köhler

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"Too Many Moons" auf der Veranda von Owen

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"No Place Like Home" im Stream

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