Rezension

Muff Potter

Colorado


Highlights: Alles War Schön Und Nichts Tat Weh // Auf Wiedersehen // Los Stop Schade // Tränen, Pisse, Blut
Genre: Punk
Sounds Like: Pascow // Turbostaat // Captain Planet

VÖ: 02.11.2018

“Alles war schön und nichts tat weh”. Zuerst nur der Name eines Songs auf der 2009er Platte “Gute Aussicht”, dann der Titel der Abschiedstournee der Band um Frontmann Thorsten Nagelschmidt. Das Ganze stimmt so natürlich nicht, das Ende von Muff Potter hat vielen sehr weh getan. Die letzten neun Jahre konnte man diesen Schmerz mit Muff-Potter-Alben auf Platte, mit dem Nebenprojekt “Nagel” oder mit den Büchern Nagelschmidts lindern. Erst die unverhoffte Ankündigung einer Reunion-Tour inklusive der Veröffentlichung einer Raritätensammlung unter dem Titel “Colorado” konnte den Heilungsprozess der lange Zeit offenen Wunde richtig voranbringen.

Die Vorfreude ist riesig. Jeden Tag wandert der Blick mehrmals auf die Pinnwand und die Tickets für die Tour im Januar. Zum Glück liegt zur Überbrückung nun “Colorado” vor, 25 Songs, von Demoversion und abgeänderten bekannten Songs über Cover und B-Sides bis zum Unveröffentlichten. Das Herz schlägt höher, als mit “Der Schnee war weiß // Das Wasser war farblos // Die Sonne war freundlich // Und die Aussicht groß” die ersten Zeilen von “Alles War Schön Und Nichts Tat Weh”, in einer reduzierten Akustik-Gitarren-Version, aus den Boxen kommen. Genau der richtige Einstieg.

Das Ganze ist aber nicht nur ein nettes Geschenk für die lange wartenden Fans der Band, auch Neulinge werden dieser Platte etwas abgewinnen können. “Colorado” ist musikalisch ein schöner Überblick über die Geschichte der Band, von Punk bis Pathos. Dabei ist die Platte jedoch weit weg von einem klassischen Best-Of-Album. Eher lenkt die Band die Aufmerksamkeit auf Songs, die vorher noch nicht sonderlich in der Öffentlichkeit standen. So bauen Muff Potter mit “23 Gleise Später”, einer sehr reduzierten Version des voranpreschenden “22 Gleise Später”, erneut dem Gleis 22 in Münster ein verdientes Denkmal. Auch “Los Stop Schade” im Kreisklassen-Remix, der eigentlich schon vor etlichen Jahren auf einem 11-Freunde-Sampler erscheinen sollte, schafft es durch “Colorado” in eine breitere Öffentlichkeit. In einem neuen akustischen Gewand und überarbeitetem Text ist “Los Stop Schade” direkt einer der schönsten Songs, die sich dem Thema Fußball widmen.

Und dann wären da noch die etlichen Coversongs der Platte, etwa der The-Cure-Klassiker “Jumping Someone Else’s Train”, der einem schon bei den ersten Klängen Gänsehaut verpasst, oder das Team-Dresch-Cover “Don’t Try Suicide”, das von Jule März gesungen wurde, die die Band auf “Von Wegen” und “Heute Wird Gewonnen, Bitte” schon unterstützte. Man kann die ausgewählten Neuinterpretationen verschiedenster Lieder auf der Platte jedoch nicht besprechen, ohne die erste Auskopplung aus “Colorado”, “Auf Wiedersehen”, zu erwähnen. Die wunderschöne Coverversion des ebenfalls wunderschönen EA80-Songs wurde 2009 bei der Abschiedstournee veröffentlicht und bildet nun die Vorhut der Reunion. Lange Zeit war das repetitive “Auf Wiedersehen” nur eine Floskel. Jetzt nicht mehr.

“Alles ist Schön Und Nichts Tut Weh!”

Lewis Wellbrock

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