Rezension

Miss Kittin & The Hacker

Two


Highlights: Indulgence // Suspicious Minds // 1000 Dreams (Reprise)
Genre: Electro-Synth-Pop-Clash
Sounds Like: Fischerspooner // Tiga // Pet Shop Boys // Depeche Mode // Miss Kittin // Shir Khan // DJ Hell // New Order

VÖ: 27.03.2009

Caroline Hervé und Michel Amato sind zurück. Als Miss Kittin & The Hacker lassen sie sich von der Promo-Maschinerie als Erfinder des Electroclash bezeichnen. Die Frage stellt sich, was und wann war das – der Clash des Electro – nochmal? Irgendwann und -was zwischen BigBeat und New Rave wurde dieses Genre durch's globale Dorf gehetzt und nachfolgend vergessen.

Die Erinnerung – oder das Erkennen – dessen, was Electroclash war und ist, fällt jedoch leicht, sobald das zweite Album von Amato und Hervé erklingt. Auf „Two“ schaffen beide weniger innovative Kunstwerke als eine einfache Weiterführung der Synthese aus einfach elektronischen bis hart technoiden Beats und den Melodieführungen des Synth-Pop. Letzterer, der Pop in seiner Ausprägung zwischen Pet Shop Boys und Depeche Mode, dominiert das Album weitestgehend. Allein „Indulgence“ ergeht sich in monoton stampfenden Hardcore-Techno-Beats. Eher sperrig und den Beat betonend, erklingt zudem nur noch „PPPO“. Ansonsten beschränken sich die beiden Franzosen auf melodische, sofort zugängliche Partyhymnen. Hedonistische Ekstase garantieren potentiell alle Stücke, Unterschiede finden sich in der Betonung der Komponenten Atmosphäre und Beat. Trotz treibender Beatunterlegung erscheint z. B. das Elvis-Presley-Cover „Suspicious Minds“ eher auf die Erzeugung emotionaler Gefühle bedacht und hypnotisch. Auch die ungemein düstere Sonnenbrillen-Hommage „Ray Ban“ – die textlich kaum idiotischer geht – fällt in diese Rubrik. Die Albumeröffnung „The Womb“ sowie „Party In My Head“ versuchen dagegen vor allem die Feier in Gang zu halten. Vereinfacht formuliert ließe sich sagen, je sanfter oder verführerischer Miss Kittins Gesang, desto weniger ergibt sich eine Tanzflächentauglichkeit der Albumversionen. Das Spannungsverhältnis zwischen spannenden Poparrangements und ausbrechenden Beatkonstrukten reduziert potentiell die Eingängigkeit der Stücke auf „Two“. Allerdings ist dies keine Abwertung der Qualitäten der neuen Miss-Kittin-&-The-Hacker-Tracks.

Dieses Widerstreiten der einzelnen Komponenten in den jeweiligen Arrangements verleidet das Album unter Umständen sowohl den Electro-Fans wie den Synth-Poppern, verhindert die Zuordnung einer perfekten Hörgelegenheit wie auch die Möglichkeit es immer voller Begeisterung zu hören. Dieser Zwiespalt macht aber aus dem Album eines, das in den zufällig eintreffenden, richtigen Augenblicken umso besser ist. „Two“ will bei aller Betonung durchdacht einfacher Melodien reifen und den Hörer auf Dauer belohnen, es will nicht den exzessiven Moment, den dauernd wiederkehrenden ekstatischen Höhepunkt. Es will auf Dauer zum Album für die Insel werden.

Oliver Bothe

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