Rezension

Maximilian Hecker

One Day


Highlights: Summerwaste // This House Called Love // Letters From You
Genre: Pop
Sounds Like: Ed Harcourt // Conor Oberst // Nick Drake // Richard Ashcroft // Radiohead // Miles

VÖ: 27.03.2009

Es ließe sich unkompliziert feststellen, kein Sänger leide schöner als Maximilian Hecker. Doch vernachlässigte eine solche Aussage all die anderen Melancholiker im Fach der Singer/Songwriter. Ed Harcourt bliebe so unerwähnt oder der junge Conor Oberst. Außerdem darf beim nunmehr fünften Album des 31jährigen Hecker aus Bünde und Berlin gefragt werden, ob das Besingen der Bekümmernisse und Beschwerlichkeiten der Liebe wirklich so lange glaubhaft und klangvoll bleibt.

In aller Kürze ist die Antwort auf eine solche Frage: Ja. Natürlich gilt, wer bereits die vorhergehenden Album von „Infinite Love Songs“ bis „I’ll Be A Virgin, I’ll Be A Mountain“ besitzt, wird „One Day“ nicht wirklich brauchen. Andererseits werden genügend Menschen Heckers zarte Kleinode noch nicht kennen, sein bezauberndes Songwriting also neu entdecken können. Im unterkühlt beginnenden Frühling 2009 bietet „One Day“ aber auch den bereits Infizierten ausreichend neue Kleinode voller Welt- und Liebesschmerz.

Der potentiell übertriebenen Darbietungen eigenen und angenommenen Schmerzes verdankt Hecker unter anderem das manchmal Abfällige, was bei der Nennung seines Namens mitschwingt. Zwischen Größenwahn und Kitsch bewegen sich die Vorwürfe, und er spielt mit ihnen, überzeichnet die Melancholie, inszeniert sich und seine Emotionen im Übermaß. Unabhängig davon überzeugt er jedoch vor allem mit seiner Musik: Wenn „Creep“ nicht von Radiohead wäre, würde er es schreiben.

Sanft, sacht, zart, zierlich, selten aufstrebend kräftig, dann aber umso überzeugender, trägt Maximilian Hecker die elf Stücke auf „One Day“ vor. Ob er „The Space That You’re In“ oder „Misery“ besingt, ob er sich dem Gift der Liebe oder dem Haus namens Liebe widmet, ob er seine Lieder als zarte Lullabies („Miss Underwater“, „This Poison Called Love (Home In A Town That Has Sunk)“) vorträgt oder die Hitze des Sommers vorwärts treibend intensiv vorwegnimmt („Summerwaste“), Hecker präsentiert sich voller Spielfreude und gewinnt. Bereits die ersten Takte verhallten Klaviers in „The Space That You're In“ bannen die Aufmerksamkeit, wissen, die Gefühle des Hörers anzusprechen. „Misery“ folgt aufwühlend drängend. Der Perfektion sehr nah kommen Hecker, Produzent Guy Sternberg und Heckers Band in „House Called Love“: Zerbrechlichkeit in Popmusik gegossen. Im schlechtesten Fall gelingen ihnen einfache, romantisierende Pophymnen wie „The End Of Longing“, „All These Cradle's Blankets Will Never Veil My Whole Substance“ und „Wind Down“. In den besten Momenten dagegen hören wir das bezaubernde Fingerpicking im fast minnesängerhaften „Letters From You“.

Zeitlose Schmerzen emotionaler Menschen in Musik zu bannen, scheint Maximilian Heckers Bestreben beim Erschaffen seiner kleinen, sehnsüchtigen Pop-Perlen. Zwischen Brit-Pop und US-Folk-Meistern neuerer wie älterer Generationen verpackt er Emotionen in Pop. Streicher gehören da naturgegeben dazu, sie fehlen auch hier nicht, sind sogar subjektiv durchgängig vorhanden. Dennoch vermeidet „One Day“ den Kitsch, es ist nie zu viel des Gefühls, sondern packt den Hörer einfach und lässt ihn alle Vorbehalte gegenüber der eigenen Verletzlichkeit ablegen.

Oliver Bothe

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