Rezension

Marissa Nadler

The Sister


Highlights: Love Again, There Is A FireChristine // Constantine // To A Road, Love
Genre: Folk // Freak-Folk // Singer-Songwriter
Sounds Like: Emily Jane White // Nina Nastasia // Alela Diane // Vashti Bunyan

VÖ: 01.06.2012

Auf Marissa Nadler ist einfach Verlass. Seit dem Erscheinen ihres Debütalbums vor acht Jahren veröffentlicht die Musikerin aus Boston regelmäßig im Rhythmus von ein bis zwei Jahren ihre Alben und bewegt sich dabei auf konstant hohem Niveau. Auch „The Sister“, ihr mittlerweile sechstes Album, steht den Vorgängern wieder einmal in nichts nach.

„The Sister“ ist ein klassisches Marissa-Nadler-Album, reduziert auf die wesentlichen Elemente, die ihre Musik ausmachen. Mystisch und geheimnisvoll war ihre Musik schon immer, doch so schwer wie hier war es bisher selten, den wabernden Nebel zu durchblicken, der alle Freiräume, die sich um ihr schlichtes Gitarrenspiel und den verhallten Gesang auftun, auszufüllen scheint. Es soll das „Schwesteralbum“ zu ihrem im letzten Jahr erschienenen selbstbetitelten Album sein – was das genauer zu bedeuten hat, lässt sie jedoch offen. Ob sie vielleicht eine andere Seite von sich zeigen möchte?

Schon immer widmete sich Marissa Nadler in ihren Texten verschiedenen Charakteren. Hier sind es fünf des acht Songs umfassenden Albums, in denen das der Fall ist. Mal nimmt sie den Blickwinkel eines alten Rocksängers ein („Constantine“), mal widmet sie sich dem tragischen Schicksal von „Christine“. „What has become of you?“ fragt Nadler mit ihrem engelsgleichen Gesang. Es scheint so, als ob die Vergangenheit und ihr Einfluss auf die Gegenwart eines der zentralen Elemente von „The Sister“ ist. Im Gegensatz zu den Vorgängeralben wirkt Marissa Nadler hier besonnener und in sich gekehrter, was ihr sechstes Album vielleicht etwas weniger mitreißend macht, aber keineswegs weniger atmosphärisch. Die leicht morbide Grundstimmung, die ihre Musik schon immer innehatte, strahlt auch „The Sister" aus.

Somit ist „The Sister“ wohl alles andere als das perfekte Sommeralbum, doch wenn die Sonne untergeht und es langsam ruhiger wird, dann kommt der Moment für Marissa Nadlers Songs, die einen jedes Mal aufs Neue in diesen faszinierenden Klangkosmos entführen, in dem sich die Musikerin mittlerweile mit einer Souveränität bewegt, dass man sich jetzt eigentlich schon sicher sein kann: Wenn Marissa Nadler an ihrem Konzept festhält, wird auch ihr nächstes Album bestimmt wieder die Erwartungen erfüllen.

Kilian Braungart

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