Rezension

Mando Diao

Give Me Fire


Highlights: Dance With Somebody // High Heels // Gloria // Give Me Fire
Genre: Indiepop
Sounds Like: The Killers // Kings Of Leon // Franz Ferdinand

VÖ: 13.02.2009

Eigentlich sind Mando Diao ja recht grausam. Nervtötender Indiepop; Mädchen-Musik; Alben, die nur die kleine Schwester im Schrank hat; Bravoposter-Kandidaten und dazu noch die übertriebene Großmannsucht der Bandmitglieder, die sich als Nachmittagsband diverser Festivals schon zum Headliner hochtönten. Vier Alben bisher, allesamt schlimmste Kreisch-Pop-Musik. Warum sollte es daher interessieren, was nun auf dem fünften Album der fünf Schweden passiert? Warum? Ja, nun, weil es draußen auch manchmal kalt ist. Da trifft man dann ein paar alte Freunde, verabredet sich zum Kaffee und nichts hat offen, außer einer Filiale einer dieser Fast-Food-Ketten. Sie wissen schon, wo es dieses Essen gibt, mit dem man sich selbst langsam zugrunde richtet. Neuerdings gibt es dort wohl auch Fernseher, wohlweißlich mit Teenie-Verblödungs-Programm auf Dauerschleife ausgestattet (formerly known as Musikfernsehen), was tut man nicht alles für die Zielgruppe. Erstaunlicherweise lief dort wirklich so etwas wie Musik. Mal eben hinschauen – oh da hat jemand ein Video in alter Manchesteroptik der 70er gedreht. Joy Division lassen grüßen. Klingt auch ganz cool. SEHR cool sogar. Welche Band war das gleich? Im Abspann steht Mando Diao. Kann nicht sein. Wirklich nicht. Sollten Mando Diao endlich erwachsen geworden sein?

Erwartungsweise ist „Dance With Somebody“ der einzige Song in diesem Stil auf dem Album, der Menschen wie mich ködern und dann in den restlichen Stücken mit unsäglichem Indiepop beschallen soll. Kann ja nicht anders sein, sind schließlich Mando Diao. Nach einmaligem Durchhören kann man diese Aussage sogar so stehen lassen. „Dance With Somebody“ ist natürlich der einzige New-Wave-Song auf „Give Me Fire“. Dummerweise allerdings nicht das einzige Experiment, welches Mando Diao eingehen. Es finden sich noch andere Klangerzeugnisse, die eine weitere Betrachtung wert sind.

Mit „Blue Lining, White Trenchcoat“ rumpelt “Give Me Fire” schon recht gut los. Kann man Garagenrock nennen, muss man nicht mal schlecht finden. Darauf folgt “Dance With Somebody”, jener bereits mehrmals erwähnte Song, der wohl der Indiehit des Jahres wird und erstaunlicherweise wenig Abnutzungspotential zeigt. Sorgt zudem für ein fieses Summen und Singen im Kopf. Für Kopfschütteln hingegen sorgt die zweite Single des Albums: „Gloria“. Fiesester Siebzigerjahre Diskoschmonz mit Abba-artigen Keyboardklängen, bei dem Björn Dixgård beweist, das er durchaus einen Tom-Jones-Ähnlichkeitswettbewerb gewinnen könnte. In der kurzen Zeit zwischen „Give Me Fire“ und dem vorherigen Album scheinen Mando Diao viel unterschiedliche Musik gehört zu haben, deren Adaption jeweils mindestens einen Song wert war. So auch „High Heels“, das ganz bestimmt ein Gorillaz-Outtake war und im Presswerk vertauscht wurde. Oder so ähnlich. Schade, dass die folgenden Songs eher Füllfunktion haben, beziehungsweise belanglosen Indiepop, wie gewohnt, darstellen. „A Decent Life“, Stück Nummer sieben, sorgt abermals für Stirnrunzeln. Ein Instrumental? Vor allem eines, das sich durch Schwere, Langsamkeit, Melancholie auszeichnet und einen in eineinhalb Minuten fast in Depressivität verfallen lässt? Kurios. Vor allem, wo dies als Intro zum Titeltrack „Give Me Fire“ dient, der melodisch stark nach „Roxanne“ von The Police - in gut - klingt. Die nächste Viertelstunde verbringen Mando Diao damit, sich an Beatles- und Britpop-Stücken zu versuchen und scheitern damit ziemlich. „You Got Nothing On Me“ gibt den Stadionrockhit mit Gniedelsolo. Zum Abschluss tragen diverse Bläsereinsätze nochmal dick auf: „The Shining“, bei dem es schwerfällt, zu sagen, ob es nun gelungen ist oder doch zu viel des Guten. Fazit: Ein unerwartet tolles Album einer Band, die langsam endlich der Bravogeneration entwächst und die Erkenntnis, das man auch mit Mitte Zwanzig nochmal Texte wie „I'm fallin' in love with your favorite song // I'm gonna sing it all night long // I'm gonna dance with somebody“ summen wird.

Klaus Porst

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