Rezension

Kill It Kid

Kill It Kid


Highlights: Burst Its Banks // Send Me An Angel Down // My Lips Won’t Be Kept Clean // Dirty Water
Genre: Delta Blues // Blues-Rock // Country // Folk
Sounds Like: The Raconteurs // Salt & Samovar The White Stripes // Mumford & Sons // The Sumner Brothers // Johnny Cash // The Felice Brothers // Tom Waits

VÖ: 09.10.2009

Nicht viele Bands haben das Glück, so schnell wie die englischen Newcomer Kill It Kid an einen Plattenvertrag zu kommen. Dabei mussten sie sich nicht einmal groß darum bemühen - bereits drei Monate nach der Gründung der Band nahm sie One Little Indian Records unter Vertrag. Ein solcher Traumstart bringt aber auch die Herausforderung mit sich, möglichst schnell das Songmaterial für ein Album zusammenzubekommen, und das in einer Band, die sich doch gerade erst richtig kennenlernt. Nicht selten scheitern Bands an der Aufgabe, unter Zeitdruck möglichst schnell ein zweites Album zusammenzuschustern, das mit dem Vorgänger mithalten kann. Wie soll das nur beim Debütalbum gut gehen?

Man fragt sich wirklich, wie die fünf Engländer, die sich an der Universität in Bath kennenlernten, es angestellt haben, denn ihr selbstbetiteltes Debütalbum klingt überhaupt nicht wie ein überhasteter Schnellschuss. Kill It Kid haben einen frischen und eigenständigen Sound gefunden, haben einen Haufen tolle Songs im Gepäck und klingen bereits jetzt so reif, dass man kaum glauben mag, dass die Bandmitglieder alle erst Anfang 20 sind. Chris Turpin, dem Kopf der Band, schwebte bei der Gründung von Kill it Kid ein kraftvoller Blues-Rock-Sound vor, und was man hier zu hören bekommt, treibt so ungestüm nach vorne, dass einem ganz schwindelig wird. „Heaven Never Seemed So Close“ knallt einem mit verzerrter Gitarre, Violine und polternden Drums direkt ein mächtiges Riff vor den Latz, und dann fängt der schmächtige Chris Turpin an zu singen. Es ist nicht einfach, diese Stimme in Worte zu fassen, die so roh und nuanciert, so dreckig und feinfühlig zugleich klingt - man muss sie einfach selbst gehört haben. Stephanie Wards Stimme stellt den sanfteren Gegenpol zu Turpins mächtigem Gesang dar, doch auch sie hat reichlich Soul in der Stimme.

Dass Kill It Kid nicht nur geradeaus rockende Ungetüme auf Lager haben, sondern auch Sinn für feine Melodien besitzen, zeigen sie im abwechslungsreichen „Burst Its Banks“. Richard Jones spielt in den Strophen an der Violine leidenschaftlich die Töne aus, um dann im Refrain sein Instrument wie wild zu bearbeiten. Das Klavier wechselt ebenso zwischen elegant eingeworfenen Tönen und energetisch hämmernden Akkorden. In einem irrsinnigen Tempo reihen sich die ersten vier Songs des Albums aneinander, bis man nach dem epischen „Send Me An Angel Down“ bei der Ballade „Private Idaho“, die von Stephanie Wards Gesang getragen wird, zum ersten Mal die Gelegenheit bekommt durchzuatmen. „My Lips Won’t Be Kept Clean“ besticht durch den spannungsgeladenen Wechselgesang Wards und Turpins und klingt mit seiner Country-Fiddle und dem klimpernden Klavier herrlich altmodisch und erfrischend jugendlich zugleich. Bei „The Troubles Of Loretta“ gehen dann wieder alle Pferde durch und man hat das Gefühl, dass die Band sich schwer zusammenreißen muss, das Tempo nicht noch weiter anzuziehen. „Dirty Water“ baut eine große Spannung auf, bis es schließlich kein Halten mehr gibt und alles in sich zusammenbricht. „Bye Bye Bird“ besticht unter anderem durch das vielseitige Drumming Marc Jones’, der hier neben seinem Drumset jede Trommel zu bearbeiten scheint, die ihm untergekommen ist. Mit „Taste The Rain“, dem letzten Song des Albums, schließen Kill It Kid ihr Album für ihre Verhältnisse recht geruhsam ab, lassen es sich aber nicht nehmen, noch einmal aus dem Vollen zu schöpfen. Turpins Gesang bewegt sich zwischen Flüstern und Schreien, und die Band erzeugt zum Ende hin nochmals einen wahnsinnig dichten Sound, der so mächtig und ausladend ist, dass man sich Kill It Kid live nur schwer in einem kleinen Club vorstellen kann.

Man kann kaum glauben, wie viel Potenzial in dieser jungen Band steckt. Kill It Kid sind nach einem Jahr ihres Bestehens so weit, wie viele in ihrer ganzen Karriere nicht kommen werden. Wo soll das nur noch hinführen? Die Arbeiten an ihrem zweiten Album können Kill It Kid gerne etwas ruhiger angehen, denn beweisen müssen sie vorerst keinem mehr etwas.

Kilian Braungart

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