Rezension

Kevin Rudolf

In The City


Highlights: Let It Rock // Coffee & Donuts // She Can Get It
Genre: Rockpop
Sounds Like: N.E.R.D // Linkin Park // Timbaland // Michael Jackson // Lil’ Wayne // Limp Bizkit // Justin Timberlake // 50 Cent

VÖ: 27.02.2009

Kevin Rudolfs Kollaboration mit Lil’ Wayne namens „Let It Rock“ dürfte inzwischen in jedem noch so entlegenen Winkel angekommen sein. Über einer offensichtlich an Timbaland geschulten Produktion voller pressender Beats liegen Rudolfs ungestüme Gitarre, sein Gesang, Keyboard-Melodien und Lil’ Waynes Raps. Eine Stadionhymne, ohne Zweifel. Subjektiv kann das „voll krass“, „absoluter Dreck“ oder einfach nur „egal“ sein, annähernd objektiv verspricht die Single für das dazugehörige Album eine Übertragung der synthetischen Produktionskultur des R’n’B der ausgehenden 00er Jahre in einen Rock-Rap-Crossover. „Let It Rock“ kündigt an, einen Produktionsansatz weiterzuführen, der es bereits vermochte, Justin Timberlakes „FutureSex/LoveSounds“ und Nelly Furtados „Loose“ zu popmusikalischen Konsensplatten zu machen.

Tatsächlich eröffnet der Titeltrack das Album in mit „Let It Rock“ vergleichbarer Art und Weise. Weniger beat-orientiert erweitert er ebenso die Dimensionen des Stadionrocks. Die Mehrheit der elf Songs auf „In The City“ jedoch reiht sich ungeniert ein in einen eher belanglosen Klang, wie ihn DJ Earworm in seinem Mash-Up „United State of Pop 2008“ definiert. Nett oder teilweise sogar sehr nett ist die positive Umschreibung, stinklangweilig die negative. Der positiven Formulierung folgend verströmt das Album natürlich einen massentauglichen Pop-Appeal.

Verallgemeinernd gesprochen klingt „In The City“, als habe Kevin Rudolf eine Zusammenarbeit von Michael Jackson und Linkin Park produziert. „Michael Jackson“ darf hier je nach Belieben als Lob oder Beleidigung verstanden werden, doch Linkin Park taugen – nicht nur aufgrund ihrer misslungenen bisherigen Kollaborationen – nicht als positiver Maßstab. Entsprechend resultiert dieses imaginäre Aufeinandertreffen in weichgespült hymnischem Rockpop-R’n’B. Stücke wie „Gimme A Sign“ und „Great Escape“ wirken phasenweise wie Zweit- oder Dritt-Aufgüsse von One Republics „Apologize“ oder Timbaland-Produktionen für Justin Timberlake. Meist aber bietet Rudolf eine Einheitssoße, die nicht einmal solche „Geschmacks“-Nuancen erkennen lässt. Auch weitere Versuche, das zu Beginn des Albums entworfene Rezept anzuwenden – wie in „Welcome To The World“ – oder der Auftritt von Nas („NYC“) gelingen wenig erinnerungswürdig. Es ist und bleibt Massenware, Junk- bzw. Fast-Food.

Zur Ehrenrettung sei angemerkt, dass Rudolf mit „Coffee & Donuts“ einen funky groovenden Souldiscopop-Hit schafft, dass überhaupt das letzte Albumdrittel einen gewissen positiven Trend aufweist. Chad Hugo zimmert mit „She Can Get It“ einen nahezu new-wave R’n’B-Rock, und „Gimme A Sound“ funktioniert im Vergleich zur Albummitte eher gut. Dagegen wirkt das abschließende „Great Escape“ fast schleimig. Es enthält dazu aber jenen einen Moment des Albums, jene eine Klavierfigur, bei der das pop-hörige Herz aufgeht, bei der sich ein grenzdebiles Grinsen aufs Gesicht schleichen mag. Andererseits bricht sich hier aber das Gefühl Bahn, dass das Album dominieren kann, es sei jetzt aber endlich mal gut, und Rudolf habe an genau dieser Stelle doch lieber nicht den Mund geöffnet.

Vielleicht ist es irrig zu glauben, „Let It Rock“ verspräche etwas. Es mag nur ein überproduzierter Trash-Hit sein. Wäre da jedoch mehr, würde „In The City“ das Vertrauen nicht rechtfertigen. Vom hohen Indie-Ross herab ließe sich das Album somit pauschal herabwürdigen. Die entsprechenden Vokabeln liegen nahe. Den eigenen Standpunkt auf Normalnull bringend muss festgehalten werden, dass „In The City“ ein grundsolides Pop-Album ist. Wieder kein Verriss.

Oliver Bothe

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