Rezension

Julien Baker

Turn Out The Lights


Highlights: Turn Out The Lights // Sour Breath // Hurt Less // Claws In Your Back
Genre: Singer-Songwriter // Indie
Sounds Like: Damien Rice // Torres

VÖ: 27.10.2017

Nanu? Schon wieder eine Rezension zu Julien Baker? Richtig, nachdem wir es verpasst hatten, das Debüt pünktlich und gebührend zu feiern und erst in diesem März besprachen, sollte uns das nicht nochmal passieren. Am 27.10. war es nun soweit, die junge Amerikanerin lieferte mit “Turn Out The Lights” ihr zweites Studioalbum ab, das in enorme Fußstapfen zu treten hatte. Und vorab: Diese werden komplett ausgefüllt.

Falls der geneigte Leser schon mit “Sprained Ankle” nichts anfangen und unsere Lobhudelei nicht nachvollziehen konnte, kann er getrost jetzt schon die Finger von “Turn Out The Lights” lassen. Sollte das nicht der Fall sein, ist ihm Bakers Zweitling wirklich von ganzem Herzen empfohlen. Auch wenn sie selber gerne besingt, ein Talent für das Ruinieren guter Dinge zu haben, etwa in “Good News” auf dem Vorgänger, trifft dies Gott sei Dank nicht auf ihre Musik zu. 42 Minuten Anspannung und Sorge, dass die hohen Erwartungen nach dem fantastischen “Sprained Ankle” nicht eingehalten werden, fallen nach “Claws In The Back” komplett von einem ab, denn “Turn Out The Lights” ist eins der besten Alben des Jahres.

Musikalisch hat die 22-Jährige ihr Reportoire um Streicher und die ein oder anderen Bläser erweitert, ohne dass dabei die Intimität verloren geht, die sie durch die schlichten Gitarren- und Pianomelodien vermitteln kann. Dennoch sind es gerade diese, die die Nähe, die man durch etliche Durchgänge des Erstlings aufgebaut hat, bei “Appointments” zurückkehren lässt. Und wenn diese wunderschönen Klänge in Verbindung mit Bakers zerbrechlicher Stimme und den bewegenden Lyrics über Trennung und mentale Probleme nicht schon ausreicht, um eine starke Gänsehaut zu bekommen, sollte diese spätestens beim letzten Drittel des folgenden Titelsongs einsetzen, der zwar ruhig beginnt, aber zum Ende hin sowohl instrumental als auch stimmlich ausbricht und einen Vergleich mit Damien Rice in Erinnerung ruft. Eine Stärke, die sie auch in “Sour Breath” unter Beweis stellt, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt. Dessen Text handelt von einer toxischen Beziehung, was Baker mit ihren schlichten, aber umso schöneren Melodien untermalt und in dem repetitiven “The Harder I Swim, The Faster I Sink” enden lässt – eins der vielen Highlights auf “Turn Out The Lights”.

Kurz nachdem er geschrieben wurde, bereut der Autor diesen Satz fast wieder. In einem solchen Album Highlights zu suchen und zu benennen, wirkt einfach falsch. Ob es nun das Klavierspiel in “Hurt Less” ist, oder die herzergreifenden Vocals in “Claws In Your Back”: Mit jedem Hördurchgang fallen neue, wunderschöne Stellen auf, die in der Gesamtheit eines der authentischsten, bewegendsten und schlicht tollsten Alben der letzten Jahre bilden. Ein Glück, dass uns das dieses Mal früh genug auffällt.

Lewis Wellbrock

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