Rezension

Gnarls Barkley

The Odd Couple


Highlights: Open Book // Neighbors // Blind Mary
Genre: Weird Soul-Grooves
Sounds Like: Gorillaz // Danger Mouse // Neon Neon // Outkast // Erykah Badu

VÖ: 04.04.2008

Danger Mouse und Cee-Lo begannen ihre musikalische Karriere in „St. Elsewhere“, das nicht zuletzt eben auch Sanatorium für Nervenkranke war. Das verrückte Paar, das „Odd Couple“, wurde in den letzten zwei Jahren ganz offenbar nicht als geheilt entlassen.

Der Witz, die Überraschung über diese zwei geschädigten Gestalten, die 2006 den Musikfans weltweit Hoffnung auf eine Zukunft gaben, diese Unvorhersagbarkeit, die das einzig wahre Album des Jahres 06 repräsentierte, fehlt verständlicherweise auf dem Nachfolger. Die Selbstbehandlung dieser zwei kongenialen Musiker aus der Irrenanstalt läuft weiter im gleichen bekannten Fahrwasser. Verschrobener R’n’B inklusive subtilem Samplewahnsinn und ebensolcher Frickelei.

Der Pop-Appeal des Debüts fehlt dabei in den wenigsten Momenten, er wurde jedoch gut versteckt, als ob die Selbsttherapie nicht in all zu großer Öffentlichkeit weitergehen sollte. Alle Stücke wirken, als sei ein Schleier über sie gelegt, ein willentlich platziertes Rauschen, wie eine zu oft gespielte und schlecht gepflegte Vinylscheibe, eine Collage aus Geräuschen als zusätzliche ablenkende Tonspur. Im Kern bleibt die Musik dabei weiterhin Schnittmenge aus zeitgemäßer Umsetzung schwarzer Soul-Musik und ihrer Wurzeln. Mit der Weiterführung dieses Konzepts – z. B. das triphoppig-düstere und vollkommen unpoppige „Open Book“ – zeigen Cee-Lo und Danger Mouse zum einen, dass sie gekommen sind um zu bleiben und zum anderen, dass der Fußabdruck, den sie so hinterlassen werden, größer sein dürfte, als es „Crazy“ erahnen ließ und als wir es heute einschätzen können.

Auch auf „The Odd Couple“ brilliert das Duo mit fantastischen, vielschichtigen, ungehörten Beats und Arrangements des Multitalents Danger Mouse sowie Cee-Los Gesang, der gleichzeitig begeisternd, nervtötend, einmalig und paranoid daher kommt. Dabei transportiert das Album ungefähr die gleiche Atmosphäre wie übertriebener Kräutermissbrauch. Jenseits des Wohlgefühls und -klangs eröffnen sich Abgründe, deren Tiefen zu durchmessen, zumindest die Gesundheit schädigt. Wo die Titel der Tracks von „Charity Case“ über „Would Be Killer“ bis „A Little Better“ eine Geschichte der psychischen Erkrankung zwischen „Natural Born Killers“ und „A Long Way Down“ erzählen könnten, unterstreicht die musikalische Umsetzung diese halluzinatorisch-hypnotische Wirkung.

Ooh-Aah, Ooh-Aah, keine Angst, alles wird gut, irgendwann, zumindest für dich, lieber Hörer. Grüße aus der Anstalt. Wir werden es schaffen. Ein Meisterwerk, das ebenso bezaubert wie verstört, das das verrückte Paar in seinem Selbstverständnis festigt, und gleichzeitig der Erwartungshaltung den Stinkefinger zeigt, ohne sie dabei zu enttäuschen. Vor zwei Jahren hieß es, „And I’ve tried everything, everything but suicide / but it’s crossed my mind“, heute, „I feel a little better … … Hah“.

Oliver Bothe

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