Rezension

Fenne Lily

Breach


Highlights: Alapathy // Berlin // I, Nietzsche
Genre: Folk // Singer-Songwriter
Sounds Like: Julien Baker // Black Sea Dahu // Laura Marling

VÖ: 18.09.2020

Was bedeutet es, alleine zu sein? Heißt es, einsam zu sein? Wie kann ich Freiheit im Alleinsein erlangen? Mit Anfang 20 beschäftigt sich Fenne Lily mit diesen Fragen, ohne eine Antwort darauf zu haben. Die Lebensphase, in der man draußen in der Welt angekommen ist, diese entdeckt, vor den Kopf gestoßen wird, neu ansetzt und Dinge in Frage stellt, nimmt sie zum Anlass sich zurückzuziehen, um sich mit der Suche nach Möglichkeiten und Grenzen des Alleinseins zu beschäftigen.

Während das Debütalbum „On Hold“ von Fenne Lily den Blick nach außen richtet, sie über schmerzliche Beziehungen und Liebeserfahrungen in der Pubertät singt, beschäftigt sie sich nun mit sich selbst und wächst auch musikalisch. Kritische Stimmen könnten sagen, dass dies äußert selbstbezogen sei, jedoch tut sie das mit viel Witz und Selbstironie und reflektiert in diesen Momenten der absoluten Innengewandtheit universelle Motive der Isolation und des Alleinseins. Damit greift sie Themen auf, die immer wieder in unterschiedlichen Lebensphasen zum Tragen kommen.

Für die Dauer des Albums legt sich Fenne Lilys Gesang dabei so zart und sanft um die Schultern wie ein wärmender Schal. Darum herum fügt sich eine Instrumentierung, die die Zartheit mal aufgreift, sie untermalt, aber auch im Gegensatz dazu steht: In „Alapathy“ beispielsweise verweisen Percussions auf rasende, ängstliche Gedanken, während der Gesang atmosphärisch die Versäumnisse der westlichen Medizin anmahnt, die (psychische) Krankheiten mit Medikamenten symptomatisch behandelt, statt deren Ursachen anzugehen. Aber auch folkige Bedroom-Pop-Songs wie das wundervolle „Berlin“ finden ihren Platz. „It's not hard to be alone anymore“ merkt Lily, nachdem sie einen Monat alleine in Berlin lebte, Patti Smiths „Just Kids“ las und eine Nacht im Berghain verbrachte. Auch mit „I, Nietzsche“ oder „Birthday“ verzaubert sie, insbesondere durch die opulente instrumentelle Untermalung.

Auch wenn Fenne Lily in „Solipsism“ der philosophischen Idee folgt, dass nur der eigene Geist sicher ist, dass es ihn gibt, und dass das Wissen um alles, was außerhalb des eigenen Geistes liegt, unsicher ist, kann man doch gerade in diesen Zeiten äußerst dankbar dafür sein, dass es Alben wie dieses gibt, die den eigenen Geist etwas beruhigen.

Lina Niebling

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