Rezension

Dredg

Catch Without Arms


Highlights: Bug Eyes // Planting Seeds // Jamais Vu // Sang Real
Genre: Prog- Pop
Sounds Like: Klimt 1918 // Life Of Agony // A Perfect Circle

VÖ: 27.06.2005

Dredg gelten in der einschlägigen Szene als das Nonplusultra der Symbiose aus Kunst und Musik. Nur wenige Bands schaffen es auf diese Weise vertonte Bilder nicht nur vor dem geistigen Auge entstehen zu lassen, sondern diese auch noch zu einem Film zu verschmelzen. Nicht nur deshalb wurde das neue Werk „Catch Without Arms“ mit sehr hohen Erwartungen herbeigesehnt, hatte man schließlich auch mit „El Cielo“ bereits einen scheinbar unerreichbaren Vorgänger geschaffen.

Die Band stand also vor einer Frage, an der so viele Kollegen regelmäßig scheitern und dadurch auseinanderbrechen: Wie toppt man ein Meisterwerk? Die Antwort von Dredg: Am Besten man versucht es erst gar nicht! Denn genau durch diese Methode gelingt es mit „Catch Without Arms“ sich erneut selbst zu erfinden und dabei der Gefahr einer Selbstkopie zu entgehen. Wo bei „Leitmotif“ rohe Kräfte oftmals noch orientierungslos walteten und „El Cielo“ zwar ein Fest für jeden Musikexperten war, aber den Amateurhörer auf der Strecke ließ, da erstrahlt bei der neuen Platte ein Manifest an Eingängigkeit, ohne dabei die alten Stärken aufgegeben zu haben. Konsequenterweise hat man sich mit Terry Date kurzerhand auch einen neuen Produzenten an Land gezogen, der zwar bisher eher im Metal- Lager zuhause war, aber schon immer ein Freund von kompakten Songs war. Doch trotz der neuen Einfachheit bleiben sich Dredg in ihrer künstlerischen Aussage treu. Nur ein Kunstprofessor kann wohl das von Sänger Gavin Hayes und Bassist Drew Roulette gestaltete Artwork und Booklet deuten. Dazu kommen noch die erneut sehr phantasievollen Songtitel und eine geheimnisvolle Unterteilung des Albums.

PERSPECTIVE I startet mit „Ode To Sun“, welches gleich die Marschrichtung für die kommenden Stücke vorgibt. Atmosphärische Gitarrenriffs, glasklares Schlagzeugspiel und darüber schwebend die mehr als je zuvor präsente Stimme von Hayes. Das bereits bekannte „Bug Eyes“ macht erst auf dem Album deutlich welche Intensität der Refrain an den Tag legt und entführt den Hörer in Welten jenseits des Fassbaren. Neue Elemente lassen ebenfalls nicht lange auf sich warten. Drummer Dino Campanella zeigt bei dem Titelsong und insbesondere bei dem wundervollen „Sang Real“, dass er sein Handwerk nicht nur hinter dem Schlagwerk perfekt beherrscht, sondern nebenbei auch ein ganz hervorragender Pianist ist. Etwas sauer stößt da hingegen der Synthiepopversuch „Zebraskin“ auf. Nicht selten fühlt man sich da an George Michael erinnert. Dann doch lieber das treibende „The Tanbark Is Hot Lava“, welches sich als eindeutig härtester Song auf dem Album erweist und an alte Stücke wie „Symbol Song“ oder „Yatahaze“ erinnert.

Der auf Eis dahingleitende Gitarrenteppich von „Planting Seeds“ führt dann in PERSPECTIVE II ein. Ein Traum von einem Song, der einen besonders beim instrumentalen Zwischenspiel fortträgt. Ähnlich intensiv auch der Überrefrain von „Jamais Vu“. Schon wieder möchte man fast sagen, denn an Melodien für die Ewigkeit wird wahrlich nicht gespart. Bei „Spitshine“ ist man sogar schon dazu geneigt zu glauben, dass es der Song bei ausreichendem Airplay locker in die oberen Chartsregionen schaffen würde. Die gelungene Halbballade „Matroshka“ erweist sich dann als würdiger Abschluss, auch wenn die Theatralik vom „El Cielo“- Closer „The Canyon Behind Her“ nicht erreicht wird. Das man dann noch einen Bonustrack der Marke „Uplifting News“ hinterherschickt ist mutig, aber auf ihn verzichten will wohl kaum jemand.

Das Drittwerk der Vier aus Los Gatos dürfte viele Fans verschrecken, aber noch mehr dazugewinnen. Wer Sellout schreit und mangelnden Mut zur Komplexität vorwirft, der halte sich mal vor Augen, dass Dredg keinesfalls dem Druck ihrer Plattenfirma ausgesetzt sind. Bei genauerer Betrachtung wird vielmehr deutlich, dass der Band so viele Freiheiten wie nie gewährt wurden und der Schluß liegt nahe, dass Dredg eben genau das tun wollten, was sie hier auf beeindruckende Weise in Form von 13 Songs darbieten: Moderne Popmusik.

Benjamin Köhler

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