Rezension

David Bowie

The Next Day


Highlights: Love Is Lost
Genre: David Bowie
Sounds Like: David Bowie

VÖ: 08.03.2013

Noch vor kurzer Zeit hieß es immer, wenn ein Interviewer zu Bowie vordrang und nach neuem Material fragte: „aktuell kein Interesse an Musik“. Bowie allerdings, schon immer ein Meister der Masken und Tarnung, verkündete an seinem 66. Geburtstag recht trocken: Ein neues Album sei da und erscheine in wenigen Wochen. Als kleinen Vorgeschmack auf das, was seit einiger Zeit im stillen Kämmerlein entstand, wurde direkt die erste Single „Where Are We Now“ präsentiert. In dieser blickt er mit fast weinerlicher Stimme seiner Berliner Zeit vor 35 Jahren und den mittlerweile eingetretenen Änderungen ins Auge. Wer jedoch von einem Song aufs Album schließen will, wird seine Erwartungen spätestens dann revidieren, wenn er „The Next Day“ das erste Mal in Gänze gehört hat.

Zunächst jedoch gibt das Cover die deutliche Richtung vor: „Heroes“ ist das Leitmotiv, wenngleich überklebt und nur im Hintergrund wahrnehmbar. Besser könnte man es auch nicht ausdrücken, was „The Next Day“ zu bieten hat – neue Stücke, allerdings in einem altbekannten Korsett. Das ist insofern verwunderlich, als Bowie in seiner knapp ein halbes Jahrhundert dauernden Karriere bislang den Blick zurück scheute – und regelmäßige Genregrenzen über den Haufen warf. „The Next Day“ – mag es am Alterungsprozeß liegen oder nicht – zeigt jemanden, der die Stationen seines Schaffens noch einmal abgeht und einer Generation präsentiert, die ihn bislang höchstens als Randnotiz vernahm.

Wer also wissen möchte, worauf der jahrzehntelange Ruhm (und leider auch einiges der Kritik) fußt, für den ist „The Next Day“ der ideale Einstieg. Die Glanzzeit, insbesondere der Bezug zu seinen Berliner Tagen (hier entstanden die Alben „Low“, „Heroes“ und „Lodger“) winkt an jeder Ecke. Um ein wenig Selbstkopie kommt er dabei nicht herum, so klingt beispielsweise „The Stars Are Out Tonight“ ziemlich nach „Looking For Water“. „Valentines Day“ ist ein Song der Marke „verzichtbar“, ähnlich wie nahezu alles aus Bowies 80ern.

Hauptbezugspunkt sind aber eben die genannten 1970er-Jahre: der raue Gitarrensound, das scheppernde Schlagzeug, dazu der Gesang David Bowies, der immer noch sehr gut in der Lage ist, die Stimmung dieser Jahre einzufangen. Anders als viele seiner Altersgenossen verkommt er dabei allerdings nicht zur rückwärtsgewandten tragischen Figur, die sein Geld mit Auftritten auf Revivalparties verdienen muss. Mit „The Next Day“ gelingt ihm das Kunststück, gleichzeitig ein Album zu schaffen, das vergangene große Zeiten wieder aufleben lässt und dennoch in der heutigen Popkultur verankert ist.

Klaus Porst

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Das Video zu "The Stars (Are Out Tonight)"

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