Rezension

Damien Jurado

Saint Bartlet


Highlights: Rachel & Cali // Throwing Your Voice // Kansas City // Beacon Hill
Genre: Singer-Songwriter // Folk
Sounds Like: Jason Molina // Neil Young // Will Oldham // Mark Kozelek // J. Tillman // Richard Swift // Bill Callahan // Dolorean // Hoquiam

VÖ: 28.05.2010

Damien Jurado hat dieses Jahr zwei Alben veröffentlicht, die auf den ersten Blick kaum unterschiedlicher sein könnten. Mit seinem Bruder Drake Jurado ließ er uns unter dem Namen „Hoquiam“ an einer Sammlung karger, finsterer und sehr persönlicher Stücke rund um die gemeinsame Vergangenheit der beiden teilhaben. Auch seine Soloalben, insbesondere die der letzten Jahre, zählen zu den Alben, die man am besten spät nachts ganz für sich anhört, wenn man am besten empfänglich ist für Jurados melancholische Lyrik. „Saint Bartlett“ hingegen, sein in diesem Sommer erschienenes neuntes Album, schlägt eine Richtung ein, die man so von ihm bisher nicht kannte und die auch nicht wirklich zu seinem Stil zu passen scheint.

Verhallte Streicher und ein gemütlich rumpelndes, etwas angestaubtes Schlagzeug eröffnen in „Cloudy Shoes“ das Album. Dazu kommt Jurados Stimme, welche die Nähe und Unmittelbarkeit der Vorgängeralben missen lässt und irgendwo aus der Ferne an das Ohr des Hörers dringt. Es ist ein neuer Damien Jurado, mit dem es sich hier anzufreunden gilt. Zu einem Großteil ist sicherlich Richard Swift für diese neue musikalische Ausrichtung Jurados verantwortlich. Dieser hat nämlich die Produktion des Albums übernommen und ist für seinen Hang zu etwas verschrobenen Arrangements bekannt. Es ist der erste Eindruck, der einem den Zugang zu „Saint Bartlett“ erschwert, insbesondere wenn man sich mit der falschen Erwartungshaltung an dieses Werk wagt.

Das neue Gewand, in dem Jurado seine Songs präsentiert, lässt das Album zunächst wie ein leicht bekömmliches, etwas altmodisches und bestenfalls an der Oberfläche kratzendes Sommeralbum wirken. Man muss sich hier an Jurados Stimme halten, die einen bisher immer gekriegt hat. Sie kann in ihrer Reife und Stärke tröstend sein, zugleich aber auch zerbrechlich und verzweifelt klingen. Sie spannt die schönsten Melodiebögen über den einfachen Akkorden, scheut keine hohen Töne, wirkt nie erzwungen und vermittelt vor allem immer genau das, wovon seine Texte handeln: Sei es seine melancholische Hymne an „Arkansas“, die Geschichte von „Rachel & Cali“, das zwielichtige „Pear“ – jeder auf „Saint Bartlett“ zu hörende Song erreicht sein Ziel. Wer Jurado für seine ehrliche Art liebt, mit der er seine Sorgen und Ängste in seinen Songs zum Ausdruck bringt, kann beruhigt sein. Das Herz des Songwriters aus Seattle ist so schwer wie eh und je – und auch in einem Großteil dieser Songs singt er sich mit rührender Aufrichtigkeit den Schmerz von der Seele. Mit „Beacon Hill“ und „With Lightning In Your Hand“ gibt er einem sogar noch zwei klassische Damien-Jurado-Songs mit auf den Weg, allein von Stimme und Gitarre getragen - nur ein Chor füllt den Hintergrund aus und stärkt Jurado im Refrain den Rücken.

Es braucht seine Zeit, aber irgendwann erkennt man auch, wie gut die Arrangements diesen Songs stehen und ihre Stimmung letztlich doch weitaus besser unterstreichen, als man zunächst dachte. Dass Damien Jurado nach acht Alben noch den Elan und den Mut hat, sich so weit von seinem bisher eingeschlagenen Pfad zu entfernen, ist wirklich bemerkenswert und führt zu einem Resultat, das ohne Frage zu den größten Leistungen seiner bisherigen Karriere gerechnet werden kann.

Kilian Braungart

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!