Rezension

Coloma

Love's Recurring Dream


Highlights: Strength Of Wine // These Days Are Ours // Four Seasons // Standstill
Genre: Indiepop
Sounds Like: Prefab Sprout // Junior Boys // Leonard Cohen

VÖ: 27.02.2009

Egal welchen Qualitätsansprüchen sie genügen muss, Popmusik vermag Menschen zu berühren. Aber nur gute Popmusik – und „gut“ ist natürlich immer eine subjektive Bewertung – berührt die Hörer langfristig. Zumeist, dies gilt unabhängig von der Stimmung der Musik, wird das zentrale Gefühl eines des Glücks sein. Sei die Musik melancholisch, aufputschend oder einfach voller – potentiell klischeehaften – Frohsinns, Popsongs lösen Emotionen aus, und selbst wenn sie vordergründig traurig stimmen, ist im Kern doch eine euphorische Wirkung zu verzeichnen. Insbesondere gelten diese Feststellungen, wenn die zu besprechende Musik zudem das Gefühl aller Gefühle, die Liebe, umschreiben möchte.

Hochgefühle entspringen bei Colomas viertem Album Melodien, die jede für sich als Prototyp des Pop fungieren könnte. So erzeugen sie geistige Verknüpfungen mit der Musik der 80er wie mit jener der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts, den prägenden Jahrzehnten des popmusikalischen Songwritings. Die Songs reihen sich ein zwischen Kinks, Elvis Costello und Junior Boys, zwischen Scott Walker, Leonard Cohen, Morrissey und Prefab Sprout. Das urbildliche Pop-Songwriting dient auf „Love’s Recurring Dream“ Geschichten zum Urthema des Pop. „Love’s Recurring Dream“ aktualisiert „romantisch und [ein wenig] zynisch“ – so Coloma-Texter Rob Taylor – ein Gedicht Thomas Moores aus dem Jahre 1895: „Love’s Young Dream“ beschrieb die Kraft der ersten Liebe. Das Album greift das Thema des Ver- und des Entliebens in seinem zyklischen Charakter auf. Das Wiederkehrende der großen, der unbezwingbaren, einmaligen Gefühle binden Rob Taylor und Alex Paulick ein in die anderen großen Kreisläufe: den Gang der Jahreszeiten, den natürlichen Kreis aus Leben und Tod. So wie das Leben entsteht, sich entwickelt und vergeht, so beginnt, entfaltet und stirbt die Liebe, um einen neuen Beginn zu erlauben.

Das zyklische Element der Attraktoren Leben und Lieben transportieren wiederholende Motive, repetitive Rhythmusmuster und ein sich wiederholender, klanglich ähnlicher Einsatz der Instrumente. Während das Schlagzeug das Herzklopfen im Verlieben wie im lebenden Leiden verkörpert, stehen Holzbläser, Cembalo und Vibrafon für die sensorischen Empfindungen in Romantik und Körperlichkeit. Nur in wenigen Momenten (z. B. „Tired Of Summer“) lassen Coloma ihren Ursprung im elektronischen Songwriting durchscheinen. Zumeist verströmt Alex Paulicks Collagetechnik und die Aufnahmen der Instrumente eine zutiefst organische Harmonie.

Das Bild des sich erneuernden Kreislaufs symbolisiert eigentlich ein Gefühl der Hoffnung, des Wissens um einen neuen, frischen Anfang, um die Chance des erblühenden Glücks in was immer für ein Ende zuvor stattfand. Auch wenn dieses Hoffnungsvolle, diese bejahende Komponente häufig in den Melodien auf „Love’s Recurring Dream“ mitschwingt, die aufbauende, potentiell ekstatische Wirkung immer wieder für einzelne Takte durchbricht, bestimmt doch vornehmlich eine tief melancholische Stimmung das Album. Selten war eine solch tieftraurige Besinnung auf Vergehen so beglückend, eine solch sarkastische Betrachtung von Gefühlen so sinnlich bejahend, war ein mitteleuropäisch schwermütiges Ganzjahresalbum so bunt, so alles andere als monochrom. „Love’s Recurring Dream“ ist eine schwarze, perfekte Perle, in der sich das Leben – und das Lieben – in allen seinen Farben spiegelt.

Oliver Bothe

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!