Rezension

Bryce Dessner, So Percussion

Music for Wood and Strings


Highlights: Music for Wood and Strings (Reprise)
Genre: Klassik // Experimental // Rock // Pop // Electro // Avantgarde
Sounds Like: The National // The Nice // Max Richter // Jonny Greenwood // The Sight Below

VÖ: 19.05.2015

Um ehrlich zu sein, sei gleich zu Beginn festgestellt: Die neueste Komposition von The-National-Gitarrist Bryce Dessner “Music For Wood & Strings”, die hier eingespielt von So Percussion vorliegt, ist auf gut deutsch Kunstkacke oder in gehobenem Englisch arty-farty – oder erscheint zumindest so. Das liegt nicht nur daran, dass die Platte die Komposition einmal in ihre Sektionen unterteilt als neun Tracks und einmal als komplett durchgehenden Track enthält. Es liegt auch nicht nur daran, dass im Zentrum der Komposition der von Dessner und Aron Sanchez entwickelte Chordstick steht, der wohl eine Mischung aus Hackbrett und elektrischer Gitarre ist. Allerdings ist dem Chordstick ein großer Teil der Künstlichkeit der Komposition geschuldet. Bevor mehr auf die verkopfte Kunst der Musik für Holz und Saiten eingegangen wird, sei aber angemerkt: Bryce Dessners neueste Komposition und ihre Einspielung durch So Percussion ist ein fantastisches Stück Musik.

“Music For Wood & Strings” wurde mit Chordstick und einigen weiteren Perkussions-Instrumenten eingespielt. Wie Dessner im Begleittext anmerkt, können auf dem Chordstick entweder Melodien, Drones oder Tremolos gespielt werden. Eine Bassversion ermöglicht zudem das Spielen von Basslinien, so Dessner. Dies schränkt die Möglichkeiten der Musiker natürlich stark ein. Diese Limitierung resultiert in einem sehr reduzierten Charakter der Musik. Gleichklang, Minimalismus und vielfache Wiederholungen prägen die Einspielung. In gewissem Sinne erscheint es, als sei der Klangraum nicht vollkommen ausgeschöpft, als höre man nur zweidimensional. Dessners Komposition klingt streckenweise, als spiele man einen typischen elektronischen Track auf einem melodisch gestimmten Perkussions-Instrument. Anders formuliert suggeriert die Musik, es würde ähnlich klingen, würde ein Drumcomputer als Melodie-Instrument genutzt.

Unter Berücksichtigung dieser Beschreibungen erstaunt es um so mehr, oder fasziniert es um so mehr, wie sehr diese Platte zu begeistern vermag. Sowohl die erzeugte Intensität der rhythmischen Strukturen, der Drones und Tremolos wie auch die in der Limitierung erzeugte Vielfalt sind nicht nur kurzfristig interessant, sondern vermögen es tatsächlich, langfristig zu fesseln und sogar mitzureißen.

Es fällt leicht, diese Platte vordergründig als Klassik zu kategorisieren, jedoch handelt es sich eigentlich um avantgardistische Experimentalmusik, die ebenso viel mit elektronischen Künstlern gemein hat, wie sie zum Beispiel auf Ghostly International veröffentlichen, und zudem dem Prog-Rock tief verbunden ist. Dessners Komposition ist geprägt von Simplizität und Minimalismus, von repetitiven Strukturen und klanglicher Monotonie. Dies ist nicht zuletzt der Hackbrett-Gitarre Chordstick geschuldet. Diese Eigenschaften sind gleichwohl Schwachpunkte wie auch Stärken dieser Platte. Viele werden von “Music For Wood & Strings” gelangweilt sein, manche werden Dessner und So Percussion hoffentlich begeistern.

Oliver Bothe

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