Rezension

Booka Shade

The Sun & The Neon Light


Highlights: Duke // Redemption // Karma Police // Outskirts // You Don't Know What You Mean To Be // The Sun & The Neon Light
Genre: Electro
Sounds Like: Carl Craig // Matthew Dear // Richard Hawley // M.A.N.D.Y.

VÖ: 23.05.2008

Sonne und Neonlicht. Einerseits gegensätzlich, andererseits nicht nur dem Melt!-Gänger als ultimativer Zustand des Zweilichts zwischen Tag und Nacht und Tag ein Begriff. Ein Zustand, den auch Booka Shade nur zu gut kennen, ist ihr Ruf doch nicht zuletzt der eines umwerfenden Live-Acts, was wiederum die Besucher des Melt! sicher mehr als unterschreiben werden. Entsprechend trägt ihr neues Album beides – Sonne und Neonlicht – nicht ohne Grund im Titel, ist es doch in gewisser Weise ein elektronisch-technoides Konzeptalbum. Ein Konzept, das nicht nur die Nacht und den anbrechenden Tag thematisiert, sondern ebenso die vielfältigen internationalen und zeitlich weit reichenden Einflüsse auf den Booka-Shade-Sound verdeutlicht.

„The Sun & The Neon Light“ präsentiert Walter Merziger und Arno Kammermeier aka Booka Shade vor allem als ausgereifte Songschreiber. Mag das übergeordnete Konzept insgesamt doch eher übergestülpt wirken – ohne zu scheitern –, finden sich auf dem Album doch vierzehn perfekt produzierte und perfekt strukturierte Tracks. Fast ohne Aussetzer zeigen sie die beiden Künstler auf einem (weiteren) Höhepunkt ihres Schaffens. Jedes Stück als Song gesehen besitzt einen eigenen Spannungsbogen, eine eigene Harmonie, die ihn außerhalb eines Clubkontextes bestehen lassen / ließen. Das Konzept vergessend, beweisen die beiden Künstler jedoch ihr Verständnis für die Tanzfläche und den Tänzer, für den perfekten Ablauf, die Inszenierung, auch indem sie das Album als Ganzes geschlossen gestalten.

Viele der Tracks besitzen eine cineastische, eine atmosphärische Komponente, die sie für das Erleben eines persönlich isolierten Films im eigenen Kopf innerhalb der Masse der Tanzenden öffnen. Dabei steht dieser Aspekt jedoch immer nur an zweiter Position, obwohl sich Club und „Kopfkino“ meist die Waage halten. Allein „Planetary“ weist sich unzweideutig als Clubtrack aus, wodurch es auf dem Album zu den wenigen Störmomenten gehört. Nicht, dass es schlechter sei, nein, es durchbricht nur den sonst meist geschlossenen Bogen. Anders formuliert, mit dem nachfolgenden, spielerisch-paranoiden „Comacabana“ bricht es den Bogen des Albums auf, eröffnet einen Ausgang heraus aus dem Sonne-Neonlicht-Sonne-Neonlicht-Kreislauf. Eine Öffnung, die das abschließende, träumerische „You Don’t Know What You Mean To Be“ als Lullaby erst möglich macht.

Zuvor jedoch, gleich zu Beginn legen „Outskirts“ und „Duke“ den Grund für eine filmische, zwischen das Tanzen im Club mitschwingen lassend und gleichzeitig andere nächtliche Assoziationen erweckend dahin schreitende Reise. Etwas, das hier zu Beginn nur durch das countryeske „Dusty Boots“ unnötig gestört wird. Ansonsten bergen die ersten zwei Drittel des Albums eine vielleicht wenig überraschende und wenig höhepunktreiche, doch umso geschlossenere hochwertigere musikalische Reise, die zunächst im grandiosen „Redemption“ kulminiert. Einem Track, der vor allem durch die Inszenierung der Drums eine unglaublich tiefe Anspannung auslöst. Diese löst sich im Laufe des euphorischen „Charlotte“, bevor der Titeltrack als einziges Stück das angesprochene Konzept umsetzt. Mit Orchesterunterstützung entwickeln Booka Shade hier einen Track lang die Gesamtheit der zwischen Tag und Nacht existierenden Emotionen in Form eines elektronischen Kopffilms.

Tag, Nacht, Sonne, Neonlicht, Zwielicht. Die konzeptuellen Andeutungen setzen Walter Merziger und Arno Kammermeier auf ihrem Album nicht um. Ein elektronisches Kleinod, das auf Dauer noch wachsen dürfte, liefern sie immerhin ab.

Oliver Bothe

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