Rezension

B.I.L.L. Bell, Irmler, Liebezeit, Lippok

Spielwiese Zwei


Highlights: Under Water // The Thrower // Miles 2001
Genre: Krautrock // Jazz
Sounds Like: Tortoise // Faust // Can // To Rococo Rot // Miles Davis // Herbie Hancock // Brian Eno

VÖ: 15.04.2011

Es lässt sich vermuten, dass mindestens zwei britische Musiker sehr gespannt das hören, was die Kooperation von Weltmusiker Clive Bell, Faust-Mitgründer Hans Joachim Irmler, Can-Drummer Jaki Liebezeit und To-Rococo-Rot-Gitarrist und Elektroniker Robert Lippok hervorbringt. Sowohl Damon Albarn als auch Thom Yorke werden in der zwischen Jazz, Polyrhythmik und Krautrock angesiedelten klanglichen Welterkundung, die die von Klangbad initiierte „Spielwiese Zwei“ darstellt, Inspiration und an ihr Gefallen finden.

In einer kontinuierlichen Entwicklung startet das Album in „Glass Bamboo“ aus reinem, quasi-meditativem Rhythmus. Bells Flöten unterwandern diese Rhythmik. Ein dröhnendes Störgeräusch kontert die Harmonie und übernimmt in „Miles 2001“ die Kontrolle. Vervielfacht und variiert wird es von minimalistischer Perkussion begleitet und akzentuiert. Hypnotisch träge zieht es sich hin und besitzt dank der sich laufend verändernden Drones eine bedeutende Spannung.

Während damit nach zehn Minuten im Grunde die Spannweite des Albums abgesteckt ist, wissen die verbleibenden fünf Bewegungen dieser Komposition weitere Akzente zu setzen. Bedrohliche Gitarrenriffs bestimmen „World War 1“. Ihre Verbindung mit diversen weiteren instrumentalen und Sample-Quellen führt zu einer Eskalation der Klänge. „Das Boot“ erlaubt nachfolgend Erholung mittels sanfter Flötenklänge, die über einem zarten Teppich von sphärischen Oszillatorenklängen lagern. „Under Water“ erklingt mit dumpfem Hall versehen als Wettstreit zwischen Bedrohung der Natur und beglückender Regressivität. Perkussiv treibend fordert der Track hintergründig eine tanzende Körperbewegung, in welcher der Geist sich im Nichts verliert. Deutlich offensiver schreitet dagegen „The Thrower“ voran, dessen aggressiver Rhythmus jedoch von querlaufenden Soundeffekten unterbrochen wird und so den Hörer nicht zur Ruhe kommen lässt.

Nach der eröffnenden, reinen Rhythmik übernimmt im Hintergrund das Dröhnen, Wummern, Krachen, Brausen und Grollen die Kontrolle über das Album. Selbst die sanften Momente werden von ihm getragen. Die Spannung des Albums, seine Faszination entsteht aus der perfekten Zusammenarbeit der vier Musiker, dem Verschmelzen ihrer Mittel und Vorstellungen in einer instrumentalen Schönheit. So entsteht ein experimenteller Klangkosmos, der im musikalischen Anmut des abschließenden „Lovely Ending“ einen – aber nicht den einzigen – Höhepunkt findet.

Oliver Bothe

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