Rezension

Apostle Of Hustle

National Anthem Of Nowhere


Highlights: National Anthem Of Nowhere // Cheap Like Sebastien // A Rent Boy Goes Down
Genre: Alternative Pop
Sounds Like: Radiohead // Calexico // Broken Social Scene // Jorge Drexler

VÖ: 30.03.2007

Das Jahr 2004 lieferte einige gute Alben. Eines aber überzeugte jeden der es hörte, und lässt sich als das überraschende Konsens-Album des Indie-Rock des Jahres bezeichnen: Modest Mouse „Good News For People Who Love Bad News“. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, sollte gleiches für Apostle Of Hustles Zweitling „National Anthem of Nowhere“ für 2007 gelten.

Apostle Of Hustle, das ist vor allem erst einmal Andrew Whiteman, Lead-Gitarrist der Broken Social Scene. Entstanden, nachdem Whiteman 2001 seine Liebe für den latein-amerikanischen Lebensstil und die dazugehörige Musik entdeckte, vermengt das Projekt Latein-Amerikanische Rhythmik und Melodien im Wechselspiel mit klassischem – schon ursprünglich – folkloreinspiriertem Alternative. Da mischen sich Americana Marke Calexico mit Salsa und Buena Vista Social Club, aber auch Blues und Tom Waits. Gelegentlich schleicht sich ein elektronischer Beat ein (u. a. „My Sword Hand’s Anger“); aber alles wird immer getragen von Whitemans Gitarrenspiel, mal elektronisch verstärkt, mal klassisch akustisch mit Anklängen an José Gonzales und Jorge Drexler oder mit Whitemans kubanischer Tres gespielt. Unterstützt wird Whiteman auf „National Anthem …“ unter anderem von Mitgliedern der Stars, der The Stills und der 2006er Tour-Sängerin der Broken Social Scene Lisa Lobsinger.

Die zwölf Songs auf „National Anthem Of Nowhere“ überzeugen nicht alle hunderprozentig, es finden sich doch altbackene oder anstrengende Elemente oder Songs. Die Mehrzahl der Stücke liegt jedoch im Feld der melancholisch fröhlichen und sperrigen Rock-Pop-Hymnen, die sowohl Popper als auch Avantgardisten erfreuen. Dabei überraschen die auf Spanisch vorgetragenen Stücke: Das einen Hauch von Latin-Punk (si. Manu Chao) verströmende „¡Rafaga!“ und der Club Tropicana Postrocker „A Fast Pony For Victor Jara“.

Eröffnet wird „National Anthem of Nowhere“ mit „My Sword Hand’s Anger" - und damit der Hörer schon sofort gewonnen – das neben dem schon erwähnten elektronischen Schlagzeugbeat vieles zeigt, was das Album und seine Highlights ausmacht: Gesang, Bass und Gitarre wirken, als übersteuere die Anlage, wir werden gehetzt, alles erscheint roh und ungefiltert. So überzeugt, folgt der Titelsong, eine Indie-Hymne, die sich nahtlos an den Opener anschließt und Schubladen aufspringen lässt, bzw. Modest Mouse und The National sich darum prügeln lässt, Apostle Of Hustle in ihr Lager einzugliedern. Nach dem sperrigen „The Naked And Alone“ schließt sich die Ballade „Haul Away“ an, die Americana, düsteren Blues und Western-Gefühle vereint. „Cheap Like Sebastien“ wirkt wie aus „Eiskalte Engel“ entsprungen und „Chances Are“ gallopiert von Montreal über Austin nach Panama City und zurück, und lässt uns atemlos und mit offenen Mündern zurück, bevor „A Rent Boy Goes Down“ uns mit Pianofiguren und Schlagzeugbeat abwechselnd ChaCha und Rumba tanzen lässt. Den Abschluss machen dann das Lemonheads-hafte „Justine, Beckoning“, der Indie-Soul von „Jimmy Scott Is The Answer (for a. n.)“ und das mit Streichern ummalte akustische „NoNoNo“. Ruhig, tragisch, zurückgelehnt und eine düstere einsame Zukunft prophezeiend, schließt es mit der Zeile „i heard the fortune teller gave you bad news“ den Bogen zu „Good News For People Who Love Bad News“.

Zum Abschluss zu sagen, „National Anthem Of Nowhere“ sei das erste „Must have“-Album des Jahres, wäre anmaßend. Aber genau so empfinde ich es. Wer die neuen Alben von The National, Modest Mouse oder auch der Smashing Pumpkins herbeisehnt, sollte sich verdammt noch mal mit Apostle Of Hustles Zweitling über die Wochen retten oder ihm – im Falle von Modest Mouse – zumindest eine gleichberechtigte Chance geben, denn „the smallest truth shines the brightest“ oder auch „nonononononononono / everything predicted’s coming true“.

Oliver Bothe

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