Rezension

Anohni

Paradise


Highlights: Paradise // Enemy
Genre: Artpop // Chamberpop // Elektro
Sounds Like: Antony & The Johnsons // Hercules And Love Affair // LCD Soundsystem

VÖ: 17.03.2017

Manchmal scheint Anohni das gesamte Leid der Welt zu verkörpern. Ganz gleich, welcher Grund eine Rolle spielt, Sie vereint und verarbeitet viele Dimensionen des Weltschmerzes in ihren Veröffentlichungen. Früher noch als Antony Hegarty unter Antony & The Johnsons, mittlerweile tritt die Transgenderkünstlerin unter dem Moniker Anohni auf. Auf „Hopelessness“, dem letztjährigen Debüt, verschmolzen flippernde Breakbeats, stumpfer Dubstep und Klavierballaden mit Texten über Drohnenkriege, Obama, Klimawandel. So düster die Themen, desto überraschender war die künstlerische Umsetzung – man konnte zu den fallenden Bomben tanzen.

Einen kleinen Nachschlag bietet nun die EP „Paradise“. Seche neue Stücke kann man direkt erwerben, für den siebenten, „I Never Stopped Loving You“ muss man etwas tun. Das letzte Stück der EP erhält, wer Anohni eine persönliche Notiz schreibt. Für eine kurze Mitteilung, beispielsweise welche Hoffnungen oder Träume man für die Zukunft hat, bekommt man diesen Song im Austausch. Wer dies möchte, kann das unter anohni[at]rebismusic.com tun. Das Thema Träume eröffnet auch die EP. Aus einem tiefen Grollen starten die ersten Leierkastentöne „In My Dreams“ und Anohni summt dazu einige Worte. Mit einem überragenden, krachenden Beat steigt dann das titelgebende Stück richtig ein. „Paradise“ schwankt als eingängiger Hit wieder zwischen den Elementen Text versus Instrumentierung, wie man es von "Hopelessness" kennt.

Als wäre es nicht genug, „Jesus Will Kill You“ mit angedeuteten Stöhngeräuschen einzuleiten, ist dieses Stück eine durchgehende Anklage über den „Mean Old Man“ und die Frage, wie ein als barmherzig verklärter Gott die Leiden dieser Welt verantworten kann. Musikalisch gleicht „Jesus Will Kill You“ einer Achterbahnfahrt, so wie es sich auch über die gesamte EP zieht. Das nachfolgende „Enemy“ ist eine Ambientballade mit zum Zerreißen gespannter Stimmung. Zwischen "Hopelessness" und "Paradise" gibt es keinen qualitativen Unterschied. Es handelt sich nicht um „überschüssiges“ Material, sondern um ergänzendes, den verwirrenden Effekt des Albums noch eher verstärkende Stücke, auf denen Anohni wieder alle Register zieht, über schwer hereinbrechende Lärmstaffeten („Ricochet“) bis zu den genannten schwermütigen Balladen wie „Enemy“ oder „She Doesn’t Mourn Her Loss“.

Klaus Porst

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"Paradise"

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