Rezension

...And You Will Know Us By The Trail Of Dead

So Divided


Highlights: Stand In Silence // Naked Sun // So Divided // Life
Genre: (Brit)rock // Alternative // Folk
Sounds Like: Motorpsycho // The Soundtrack Of Our Lives // Seachange

VÖ: 17.11.2006

Jetzt ist es also doch passiert! Die Instrumentensponsoren haben ...Trail Of Dead die Pistole auf die Brust gesetzt: "Entweder ihr lasst euer Equipment in Zukunft heil, oder ihr könnt euch das ganze Zeug selber zusammenbauen!" "Aber die Songs zwingen uns dazu irgendwann auszuflippen!" "Dann spielt gefälligst ruhigere Musik!" Und so zogen die Texaner mit gesenkten Köpfen gen Sonnenuntergang, um sich ihrem Schicksal zu ergeben und ihre Anhängerschaft zu enttäuschen, indem sie ihre Ideale über Bord schmissen.

So, das war jetzt erstmal alles erstunken und erlogen. Alles, bis auf eine Ausnahme - viele Menschen werden tatsächlich bitter enttäuscht sein, wenn sie die neue Platte ihrer liebsten Krawallmacher zu hören bekommen. "So Divided" ist nämlich dermaßen homogen, ja beinahe schon richtig glattgebügelt, dass der ein oder andere verzweifelt vergebens nach Ecken und Kanten suchen wird, um sich daran festzuhalten. Kein "Will You Smile Again" - 5/8 Takt mehr, keine Ich-schlag-dir-ins-Fressbrett-"Homage", kein Scheppersound. Nix.

Wer sich die Tränen weggewischt hat, darf aber jetzt trotzdem weiterlesen. Leute, wir reden hier ja schließlich von And You Will Know Us By The Trail Of Dead, also alles nur halb so schlimm, oder? Genau, lasst uns alle lieber dankbar sein, überhaupt so schnell ein weiteres Werk dieser liebenswerten Vollnerds geliefert zu bekommen! Schließlich war eigentlich nur eine EP angedacht, aber man weiß ja wie das bei denen dann läuft: da entstehen aus zwei Ideen plötzlich zwanzig Songs und eine Woche später steht ein ganzes Orchester im Studio. Weniger dankbar sollte man allerdings diesmal mit dem Artwork sein. Da scheinen mit Conrad Keely wohl die Gäule durchgegangen zu sein, denn wer wie ein junger Gott zeichnen kann, sollte eigentlich auf Computergeneriertes verzichten können.

Aber wie so oft im Leben, zählen auch bei der Musik eher die inneren Werte (Anm.: Haha, den Satz wollte ich schon immer einmal schreiben!). Nach typischem Intro schwimmt "Stand In Silence" noch in altbekannten Gefilden. Das knallt und wuchtet ordentlich nach vorne, wobei der pompöse Mittelteil schon einmal den Wink mit dem Zaunpfahl gibt. "Wasted State Of Mind" pluckert gemächlich dahin und lässt trotz allen Ohrwurmpotenzials erahnen, dass der Song irgendwann mal auf die Nerven gehen könnte. So, und dann kommt "Naked Sun". Die Bluesgitarre wird ausgepackt und eine ganze Horde Bläser macht sich über den in der Luft liegenden Geruch von Whiskey und Zigaretten her. Ein atemberaubendes Finale haut dann noch so dermaßen auf die Kacke, dass man am liebsten alles noch einmal von hinten nach vorne und andersrum hören würde.

Nach dieser Sause wirkt das Guided By Voices Cover "Gold Heart Mountain Top Queen Directory" dann aber leider völlig deplatziert. Der Titeltrack versöhnt im Anschluss Gott sei Dank aber sofort wieder und Amanda Palmer gibt einen wahrhaft grandiosen Gastauftritt mit Stimme und Piano im bedrohlich brodelnden "Life". Weitere Cameoauftritte gibt es von The Beatles in "Eight Day Hell" und Cedric Bixler Zavala in "Sunken Dreams". Ok, ich hab schon wieder gelogen. Ersterer Song ist eine gelungene Hommage ohne " " an die lieben Pilzköpfe, und beim genialen Schlussakkord "Sunken Dreams" hat sich Jason Reece nur die Afroperücke aufgesetzt. Geglaubt hätte mir trotzdem fast jeder und trotzdem bin ich ehrlich. Das muss an ...Trail Of Dead liegen, die mit "So Divided" zwar nicht das beste, aber das ehrlichste Album ihrer Karriere vorlegen. Daumen hoch!

Benjamin Köhler

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