Konzertbericht

Elektro Guzzi


Selten steckte so viel Mensch in der Maschine und selten so viel Rockkonzert im Minimal-Techno-Format. Niemand scheint dies zu erahnen, als die Band wortlos die Bühne betritt und es im noch ins sonntagabendliche Dämmerlicht getauchten Innenhof der Casa Encendida in Madrid sehr still ist.

Besonders bekannt sind Elektro Guzzi nämlich nicht und außer einem euphorischen Promotiontext, der von Superlativen sprach, die diese Gruppe aus Wien nicht beschreiben könnten, dürfte die Mehrheit der Anwesenden ohne genaue Vorstellung gekommen zu sein.

Beginn. Ein Schlag auf die Hi-Hat, zwei weitere Folgen aus den Boxen. An der Gitarre wird Loop um Loop kreiert, die irgendwo im Raum schweben, und schließlich setzt ein Bass ein, der so satt daherkommt, dass es einen innerlich zu Bewegung drängt. Man hört die Kinnladen fallen als dann noch obendrein die Bassdrum ertönt. Man schaut zweifelnd auf die Bühne, sich fragend, ob das, was einen aus den Lautsprechern erreicht, wirklich von diesen drei Herren dort vorne und den drei Instrumenten fabriziert wird. Das obligatorisch gewordene Spielzeug mit dem weiß leuchtenden Apfel? Keine Spur davon.

Zu einer Uhrzeit, zu der im deutschen Fernsehen der Verbrecher des "Tatort" überführt wird, steht hier schließlich kein Bein mehr still. Die Musik ergreift die Anwesenden und von dieser Begeisterungswelle erfasst kann sich selbst die Band ein Grinsen nicht mehr verkneifen.

Denn die Wiener sind allein durch ihre Musik nah dran am Publikum. Wie ein DJ, der seinen Job sehr gut macht. Gleichzeitig sind sie – nur mit Gitarre, Bass und Schlagzeug bewaffnet – so live, wie es nur irgendwie geht. Im Unterschied zu den artverwandten Soundpuristen Brandt Brauer Frick wird hier im Equalizer eifrig an den Instrumenten geschraubt, das entstehende klangliche Gesamtergebnis ist schlichtweg beeindruckend. Jede Schleife, jedes Delay scheinen sie genau zu kontrollieren. Die Gitarre ordnet sich teils unter, um dann wieder in Form massiver Soundwände fast schon post-rockig aufzutauchen. Und dann dieser Rhythmus! Drums und Bass harmonieren perfekt und bilden das tanzbare Grundgerüst, das den eigentlichen Grund zum Staunen darstellt.

Man befindet sich im Vormarsch. Zahlreiche Festivalauftritte und Veröffentlichungen wie ihr hörenswertes 2011er Album "Parquet", das auch heute abend die meisten Stücke liefert, und der aktuellen "Cashmere EP" sprechen für sich, wenn auch die Bühnenqualitäten der Band schlecht auf Platte zu bannen sind. Man muss sie live erleben, um die Superlative von Elektro Guzzi zu verstehen.

Jonatan Biskamp